- Von Manila Klafack
- 09.04.2021 um 14:37
„Covid-19 fordert Lebensversicherer auch in ihrer Finanzstabilität. Das erste Krisenjahr hat die Risikopuffer der Gesellschaften deutlich belastet“, sagt Henning Kühl, leitender Aktuar von Policen Direkt und Versicherungsmathematiker (DAV), mit Blick auf eine aktuelle Untersuchung des Zweitmarkt-Spezialisten zu den aktuellen Solvenzquoten der Lebensversicherer.
„Eine hohe Solvenzquote allein, ist nicht aussagekräftig“
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Bafin droht Lebensversicherern mit Lizenzentzug
Insbesondere das Zinsniveau habe zu einer Erhöhung der Kapitalanforderungen oder zu einem Rückgang bei den anrechnungsfähigen Eigenmitteln geführt. „Das hat Auswirkungen auf die Solvenzquoten“, so Kühl. Die Gesellschaften würden bei der aufsichtsrelevanten Quote teils deutliche Rückgänge feststellen.
17 Gesellschaften befinden sich laut der Analyse von Policen Direkt derzeit in „enger Manndeckung“ bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Im Vorjahr waren es 13. Die Nettoquote ohne bilanzielle Hilfen und Übergangsmaßnahmen liege knapp 20 Prozent unter dem Vorjahresschnitt. Die Zahl der Unternehmen mit sehr großen Herausforderungen sei nahezu unverändert.
Viele Versicherer führen regelmäßig Covid-Stresstests durch
Um die Finanzstabilität zu sichern, haben die Versicherer weitere bilanzielle Hilfen wie Volatilitätsanpassungen oder Übergangsmaßnahmen bei der Bafin beantragt. Gleichzeitig wollen die Unternehmen angesichts der immer noch unklaren Lage schnell auf weitere Änderungen der Finanz- und Risikolage reagieren können.
In den zum 8. April veröffentlichten Berichten sei zu lesen, dass die Versicherer Krisenstäbe gebildet hätten und regelmäßig Covid-Stresstests durchführten. Nur einzelne Versicherer gehen demnach in ihren Solvenzberichten nicht auf die Corona-Krise ein. Die Solvenzquoten seien allerdings ein wichtiges Signal für die Zukunftsfähigkeit der Lebensversicherer und böten einen Anhaltspunkt dafür, wie krisenfest die Gesellschaften seien.
Ein hoher Garantiebestand belastet Solvenzquote der Versicherer
Insbesondere diejenigen Versicherer, die einen hohen Garantiebestand haben und die bereits nur mit Übergangsmaßnahmen eine Solvenzquote von 100 Prozent erreicht haben, sähen sich größeren Herausforderungen gegenüber. Hier sei fraglich, ob sie künftig überhaupt noch Neugeschäft zeichnen könnten. Das könnte sie ihre Lizenz für Neugeschäft kosten.
Aktuell stünden 22 Unternehmen mit einer Solvenzquote von unter 150 Prozent vor großen Herausforderungen. 2019 waren es 19. 39 Versicherer seien mit einer Quote zwischen 150 und 300 weitgehend gerüstet. 21 Unternehmen hätten mit über 300 Prozent Solvenzquote einen großen Puffer.
Auf der Solvenzquotenübersicht veröffentlicht Policen Direkt die relevanten Solvenzquoten inklusive Verlinkung zu den Solvenzberichten der Lebensversicherer.
Auf einen Blick: Die wichtigsten Zahlen der Policen-Direkt-Analyse
- Aufsichtsrelevante Bruttoquote: 390 Prozent (2019: 428 Prozent)
- Nettoquote plus Volatilitätsanpassungen (+VA): 234 Prozent (2019: 279 Prozent)
- Nettoquote: 211 Prozent (2019: 256 Prozent)
- Mindestanforderung: MCR-Quote Netto 567 Prozent (2019: 716 Prozent)
- 15 Versicherer mit Nettoquote +VA < 100 Prozent (2019: 9)
- 17 Versicherer mit Nettoquote < 100 (2019: 13)
- 13 Versicherer mit Mindestquote (MCR-Netto) < 100 (2019: 7)
- 67 Versicherer haben sich bei der relevanten Nettoquote +VA im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert, 15 verbessert.
- 60 Lebensversicherer (2019: 58) haben bei der BaFin Übergangsmaßnahmen beantragt.
- 67 Lebensversicherer (2019: 59) haben Volatilitätsanpassungen bei der BaFin beantragt.
Übergangsmaßnahmen verbessern die Quoten im Schnitt um 156 Prozentpunkte (2019:148)
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