Tobias Bierl (links) und Philip Wenzel © privat
  • Von Redaktion
  • 25.11.2015 um 21:42
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 05:20 Min

Alle Versicherungsverträge immer und überall auf dem Smartphone dabei – das verspricht die App Simplr. Von dem Service sollen auch Makler profitieren, indem sie ihre Bestandscourtage erhöhen können. Aber ist die App wirklich sinnvoll? Ja, sagt Finanzberater Tobias Bierl. Jein, meint Makler Philip Wenzel.

Die Pro-Argumente liefert Tobias Bierl von der Finanzberatung Bierl

„Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“, so sehe ich persönlich die derzeitige Diskussion um die diversen Fintech-Unternehmen und deren App-Lösungen, wie zum Beispiel Simplr von Blau Direkt. Es gibt unter den Versicherungsmaklern hitzige Diskussionen, ob eine App wie Simplr einen Mehrwert für den Kunden darstellt oder die Branche jetzt einfach nur massiv Venture-Capital-Geld verbrennt.

Eine pauschale Antwort kann es hier nicht geben und man kann den 23-jährigen Internetjunkie natürlich nicht mit der 67-jährigen Oma vergleichen. Aber die Tendenz ist eindeutig – ein Großteil des Lebens für junge Personen spielt sich auf dem Smartphone ab. Ob ich das gut oder schlecht finde, sei dahingestellt. Es ist einfach aber ein Fakt, dass sich unser Lebenswandel ändert und die Fintech-Unternehmen einen nicht gerade geringen Teil vom klassischen Versicherungsbereich abdecken können und werden.

Logische Weiterentwicklung des Versicherungsordners

Simplr ist quasi jetzt „nur“ die logische Weiterentwicklung des digitalen Versicherungsordners, welchen Blau Direkt schon seit mehreren Jahren aktiv anbietet. Musste man sich früher noch am heimischen Desktop-PC einloggen, so genügt jetzt ein Klick auf die App um eine Übersicht zu bekommen.

Aber jetzt mal Tacheles, welche direkten Vorteile ergeben sich dadurch?

Als großen Pluspunkt sehe ich einfach an, dass immer mehr Unterlagen digitalisiert werden. Im Kundengespräch verweise ich zielstrebig auf den digitalen Versicherungsordner und auch auf die bald erscheinende App. Immer häufiger höre ich den Satz „Das ist toll, ich habe schon alle Unterlagen von mir digitalisiert, aber die Post der Versicherer liegt immer noch ungeordnet in meinem Ordner“. Der Trend geht weg von Papier und Chaos – hin zu einer geregelten digitalen Ordnung, welche ich mit zwei Klicks erreichen kann.

Bei Simplr erscheint schon eine Push-Meldung über ein neues PDF-Dokument wie die Begleichung des Schadens, da hat der Postbote noch nicht mal guten Morgen gesagt. Wieso sollte ich dann das Dokument noch per Papierform aufheben, wenn ich es in meinem Handy und digitalen Versicherungsordner habe?

Praktisch auf Reisen

Man befindet sich gerade im Ausland und muss einen Arzt aufsuchen? Wie war schnell nochmal meine Versicherungsscheinnummer der Auslandskrankenversicherung? An wen muss ich mich wenden? Diese Unterlagen sind sonst bei mir daheim im Regal, aber auf dem Smartphone nur einen Klick entfernt. Ebenso bei einem KFZ-Schaden – an wem muss ich mich schnell wieder wenden?

Stimmt, ein Wisch auf Simplr und schon werden mir die Kontaktdaten angezeigt. Es vereinfacht somit vieles, auch in der Praxis. Aber Simplr denkt schon weiter. So können auch Ausweiskopien, Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten oder auch Führerscheine hochgeladen werden. Somit habe ich alle wichtigen Unterlagen nur einen Klick entfernt – revisionssicher verwahrt – 24 Stunden weltweit und in meiner Hostentasche verfügbar.

Versicherungsoptimierung per App geht zu weit

Ich bin umgezogen oder meine Bankverbindung hat sich geändert? Soll ich jetzt meinen Versicherungsvermittler damit nerven oder selbst alle Unternehmen anschreiben? Mit wenigen Eingaben kann ich es direkt mit Simplr für alle Gesellschaften ändern.

Einige Apps möchten auch prüfen, ob man einen ausreichenden Versicherungsschutz besitzt und dieser gegebenfalls optimiert werden sollte. Das sehe ich nicht als sinnvoll an und ist auch nicht ansatzweise der Standpunkt von Blau Direkt und somit Simplr. Die richtige Risikoanalyse bleibt weiter dem Versicherungsmakler vorbehalten. Es steht dem Benutzer zwar ein Vergleichsrechner mit nicht öffentlichen Tarifen zur Verfügung, aber dies sehe ich für den Großteil der Nutzer von Simplr als nicht sinnvoll an. Die Lücke schließt nicht diese App, sondern der Versicherungsmakler.

Makler brauchen sich nicht zu fürchten

Für den Versicherungsmakler hat Simplr natürlich auch einige Vorteile – Stichwort Kundenbindung und die Vermischung der Online- mit der Offlinewelt. Kein Makler muss Fintech-Unternehmen fürchten, wenn sein Unternehmen selber zu einem wird. Warum sollte sein Kunde jetzt von Knip, Clark, Getsafe und Co. abgeworben werden, wenn er dieselben Funktionen anbietet? Auch denkt Blau Direkt schon wieder etwas weiter. Die Email am Geburtstag des Kunden hat ausgedient, jetzt kommt eine persönliche Videonachricht, wo der Versicherungsmakler seinen Kunden gratuliert. Wetten wir, dass dies länger im Kopf bleibt, als eine Standardmail?

Zudem müssen wir uns bewusst sein, dass wir erst am Anfang dieser „Fintech-Welle“ in der Versicherungsbranche stehen. Simplr ist sicherlich ziemlich modern, steht aber auch erst am Anfang einer Entwicklung. Glauben Sie mir – es spielt keine Rolle ob ich das gut oder schlecht finde – aber es wird kommen. Wir können hier mitspielen und selber aktiv werden oder weiterhin über Newcomer am Markt lästern, die ganz unkonventionell unsere Kunden angraben. Oder wir können selber eine aktive Rolle spielen und das Feld nicht jemand anders überlassen.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Pfefferminzia Logo rgb
Suche
Close this search box.
Zuletzt hinzugefügt
Wie die Zukunft der bAV aussieht
Handelsblatt Jahrestagung bAV 2024

Wie die Zukunft der bAV aussieht

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden
AfW-Vermittlerbarometer: Nachhaltigkeit

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden

Skip to content