Tobias Bierl (links) und Philip Wenzel © privat
  • Von Redaktion
  • 25.11.2015 um 21:42
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Alle Versicherungsverträge immer und überall auf dem Smartphone dabei – das verspricht die App Simplr. Von dem Service sollen auch Makler profitieren, indem sie ihre Bestandscourtage erhöhen können. Aber ist die App wirklich sinnvoll? Ja, sagt Finanzberater Tobias Bierl. Jein, meint Makler Philip Wenzel.

Die Contra-Position nimmt Versicherungsmakler Philip Wenzel ein
Für mich persönlich wäre Simplr eine gute Lösung. Ich habe gerne alles in einem System gebündelt. Das ist bei der Musik genauso wie bei den Büchern. Und bei Versicherungen wäre es für mich eben auch spannend, immer alle Versicherungen mit den Bedingungen bei mir zu haben.

Würde jemand mein Smartphone stehlen, dann hätte der Dieb nicht nur detailliert Informationen zu meinem Musikgeschmack und wüsste, welche Bücher ich lese, er wüsste auch, ob mein Smartphone gegen Diebstahl versichert wäre.

Würde mich aber nicht mal stören. Der Preis der Bequemlichkeit ist nun mal der, dass die vielen gebündelten Informationen eben auch gebündelt abhandenkommen können.

Für Makler interessant, für Kunden eher nicht

Aber warum sollte ich immer alle Versicherungen bequem abrufbar haben? Überkommt mich manchmal das Bedürfnis nachzulesen, ob irgendwas versichert ist oder nicht? Das kommt bei mir schon recht selten vor und wird beim Kunden wohl eher noch seltener der Fall sein.
Gut, im Schadenfall kann ich nachsehen, ob ich auf Leistung hoffen kann oder nicht. Aber das bringt mich auch nicht richtig weiter. Ich müsste ja trotzdem beim Versicherer anrufen und meinen Anspruch anmelden.

Simplr könnte vielleicht für mich als Makler interessant sein, aber für meine Kunden eher nicht. Denn als Makler prüfe ich ja, ob es Versicherungslücken gibt, ob eine Überversicherung vorliegt, ob der Schaden durch die Versicherung gedeckt ist oder ob bedingungsgemäß nicht geleistet wird.

Überschneidungen und Lücken vermeiden

Einer der Hauptgründe warum sich unsere Kunden für einen Makler entschieden haben, ist ja der, dass alle Versicherungen in einem System gebündelt sind und so Überschneidungen und Lücken vermieden werden. Darüber hinaus hat der Kunde immer die Möglichkeit, mit einem Anruf umfassende Auskunft über all seine Verträge zu erhalten.

Der Vorteil von Simplr läge nach meiner Auffassung eher auf Seiten des Maklers. Denn er erspart sich höchstwahrscheinlich den einen oder anderen Anruf, ob Glas nun mitversichert ist oder ob die Tochter auch mit dem Auto fahren darf.

Der Kunde wird aber nicht automatisch eine Überversicherung oder eine Lücke im Versicherungsschutz bemerken können, selbst wenn er alle Verträge in einer App übersichtlich präsentiert bekommt.

Aufgabe des Maklers, zu informieren

Dass der Kunde sich um seine Verträge selbst kümmern kann, ist zwar im Sinne der Aufklärung begrüßenswert und ermöglicht ihm den Ausgang aus der Unmündigkeit, aber es ist meiner bescheidenen Meinung nach Aufgabe des Maklers, den Kunden immer informiert und optimal versichert zu halten.

Simplr und ähnliche Lösungen sind hilfreich für all jene Kunden, die ihre Verträge über mehrere Makler, Vertreter und Direktversicherer verteilt haben. Wer aber all seine Verträge beim Makler seines Vertrauens hat, bedarf keiner eigenen Vertragsverwaltung. Ich käme ja auch nicht auf die Idee, ab und an mal die Motorhaube von meinem Auto aufzumachen, um dann mit meinen Idioten-Augen über den Motor zu schauen, von dem ich nur eine grobe Ahnung habe, was für was gut ist und dann aufgrund meines eben gebildeten Eindrucks zu beschließen, dass nun eine Reparatur notwendig sei.

„Der Markt ist groß genug für alle“

Im Übrigen glaube ich auch nicht, dass die aggressiveren Lösungen am Markt den guten Maklern gefährlich werden könnten. Aus oben genannten Gründen sind Maklerkunden nicht das Zielpublikum. Der Markt ist groß genug für alle. Es gibt schon seit Jahren mehrere Software-Lösungen, wie man eine Steuererklärung auszufüllen hat und trotzdem gibt es immer noch genügend Steuerberater am Markt.

So wird es auch am Versicherungsmarkt sein. Es gibt Kunden, die lieber selbst die Hand drauf haben wollen, ihre Verträge über verschiedene Wege einreichen und alles über eine App organisieren. Und es wird immer welche geben, die lieber alles bei einem Makler haben, wo sie auch mal anrufen können, um eine Lösung präsentiert zu bekommen.

Zusammenfassend denke ich, dass Simplr für viele Makler als Kundenangebot interessant sein kann, da es manche Fragen zu vermeiden hilft. Für Maklerkunden hat es generell kaum einen Nutzen. Wenn man aber, wie ich zum Beispiel immer gerne alle Informationen bei der Hand hat, dann schadet es auch nicht.

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