- Von Stephan Michaelis
- 14.09.2021 um 17:02
Mit Blick auf die in Deutschland üblichen und durchgesetzten Formen der Vermittlung von Finanzanlagen kann man festhalten, dass der Kunde über eine Vielzahl von Wahlmöglichkeiten verfügt. Der Kunde kann sich an gebundene Vermittler wenden und wird darüber informiert, dass dieser Vermittler im Interesse eines bestimmten Unternehmens tätig wird. Der Kunde kann stattdessen einen Sachwalter seiner Wahl um die Vermittlung und Beratung bitten.
Bei Versicherungsverträgen besteht die Wahl zwischen den Maklern auf der einen und den Beratern auf der anderen Seite. Beide Seiten müssen die Höhe des Entgelts, das sie für ihre Beratung fordern, transparent offenlegen. Für den Versicherungsmakler ergibt sich dies aus Paragraf 2 Absatz 2 VVG-InfoV, wonach die Vermittlungskosten in Euro und Cent anzugeben sind. Der Kunde kann sich, insbesondere bei Versicherungsverträgen, zwischen den Vermittlertypen frei wählen und von demjenigen beraten lassen, der das beste Preis-Leistungsverhältnis bietet.
Würde der Gesetzgeber den Versicherern in Zukunft verbieten, Provisionen zu zahlen, so würde dies das gesamte Handelsvertreterrecht in Europa grundlegend verändern. Darüber hinaus würde in das Recht der Makler eingegriffen werden, bei denen es traditionell üblich ist, die Vermittlungskosten als Teil der Bruttoprämie beim Versicherer zu erheben. Auch Finanzanlagenvermittler dürfen Provisionen, die offengelegt sind, von den Produktanbietern nehmen, wenn sie Anlageberatung anbieten. Auch dies wäre in Zukunft bei einem generellen Provisionsverbot nicht mehr möglich.
Die daraus resultierenden Fragen lauten, ob es Sachgründe dafür gibt, die Wahlfreiheiten, die der Gesetzgeber derzeit den Kunden in der Finanzberatung eröffnet, grundlegend zu beschränken. Diese Frage stellt sich zunächst aus der Sicht des nationalen Verfassungsrechtes und sodann aus der Sicht des europäischen Rechtes.
Der Eingriff in die Berufs- und Gewerbefreiheit (Artikel 12 im Grundgesetz)
Nach Artikel 12, Absatz 1 GG haben alle Deutschen das Recht, den Beruf frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. Ein Provisionsverbot würde in die Berufsausübungsfreiheit der Versicherer und auch der Vermittler (indirekt auch der Kundinnen und Kunden) eingreifen, weil dadurch der freie Wettbewerb über Vergütungssysteme (Honorare/Courtagen/Provisionen) erheblich eingeschränkt werden würde.
Letztlich wäre die Privatautonomie sowohl der Versicherer als auch der Vermittler beeinträchtigt. Diese Einschränkung der Privatautonomie ist zugleich Ausdruck der Berufsfreiheit, die durch Artikel 12, Absatz 1 GG geschützt wird und deshalb an der Garantiefunktion dieses Grundrechts teilnimmt. Die Einführung eines Provisionsverbotes würde also in den Anwendungsbereich des Artikel 12, Absatz 1 GG fallen. Die darin zugleich liegende Beschränkung der Allgemeinen Handlungsfreiheit (Artikel 2, Absatz 1 GG) tritt hinter Artikel 12 GG zurück, weil Artikel 2, Absatz 1 GG als Auffanggrundrecht ausgestaltet ist.
Der Schutzbereich von Artikel 12, Absatz 1 GG erstreckt sich sowohl auf Versicherer als auch auf Vermittler und zwar auch dann, wenn sie die Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft gewählt haben sollten. Die Berufsfreiheit des Artikels 12 GG bündelt die Berufswahl- und die Berufsausübungsfreiheit zu einem einheitlichen Tatbestand und ist insoweit als Abwehrrecht der Betroffenen gegen den Staat gewährleistet.
Artikel 12, Absatz 1 GG umfasst die Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen verbindlich privatautonom auszuhandeln. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVG) bei Einführung des Bestellerprinzips auf den Mietwohnungsmarkt ausdrücklich betont. Genau diese Grundsätze würden auch bei einem Provisionsverbot gelten. Die Einführung des Provisionsverbotes bedürfte nach Artikel 12, Absatz 1, Seite 2 GG einer gesetzlichen Grundlage.
Zu prüfen ist in jedem Falle, ob ein Gesetz die Zustimmung des Bundesrates bedarf. Der Eingriff, in die durch Artikel 12, Absatz 1 GG geschützte Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen einzelvertraglich frei zu vereinbaren, kann durch zwingende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Wenn und soweit die zwingenden Gründe des Gemeinwohls eine unumgängliche Einschränkung der freien Berufsausübung verlangen, so muss der Eingriff darüber hinaus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.
Dies bedeutet, das Provisionsverbot müsste zur Erreichung des Eingriffsziels erforderlich und geeignet sein, es dürfte nicht über das hinausgehen, was die Gemeinwohlbelange erfordern. Schließlich darf der Eingriff in seiner Wirkung nicht über das hinausgehen, was zur Zielerreichung noch angemessen ist, das heißt, die Grenzen der Zumutbarkeit und der Proportionalität müssen gewahrt sein.
Die Einführung eines Provisionsverbotes bei der Vermittlung von Finanzanlagen würde in die Freiheit der Vertragsbeteiligten, das Entgelt für berufliche Leistungen einzelvertraglich zu vereinbaren, eingreifen. Beim gebundenen Vertreter würde Paragraf 87, Absatz 1 HGB, der auf einer europäischen Richtlinie beruht, außer Kraft gesetzt werden. Beim Versicherungsmakler würde in das Leitbild des Paragrafen 99 HGB eingegriffen werden. Daneben ist das Leitbild des Paragrafen 652, Absatz 1 BGB berührt, wonach frei vereinbart werden kann, wer den Maklerlohn in welcher Höhe zu zahlen verpflichtet ist.
paule degen
Vor 3 JahrenIch wäre Ihnen sehr dankbar, Ihre Artikel auch weiterhin in verständlichem Deutsch zu schreiben und diesen nervigen Genderunsinn zu unterlassen. Die überwiegende Mehrheit der Deutschen lehnt diesen Sternchenquatsch ab, so wie ich auch.
1 Kommentare
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kommentierenpaule degen
Vor 3 JahrenIch wäre Ihnen sehr dankbar, Ihre Artikel auch weiterhin in verständlichem Deutsch zu schreiben und diesen nervigen Genderunsinn zu unterlassen. Die überwiegende Mehrheit der Deutschen lehnt diesen Sternchenquatsch ab, so wie ich auch.