MLP-Berater Thorsten Petrausch © MLP
  • Von Oliver Lepold
  • 09.03.2023 um 08:39
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Thorsten Petrausch, MLP-Berater aus Bamberg, über die Stellschrauben der Ruhestandsplanung im aktuellen Marktumfeld.

Pfefferminzia: Welche Auswirkung haben die steigenden Zinsen und die anhaltende Inflation auf die Ruhestandsplanung?

Thorsten Petrausch: Die Geldentwertung ist eher noch größer als vor einem Jahr, denn es liegt immer noch viel zu viel Geld auf Konten herum und die hohe Inflation frisst die nun geringfügig gestiegenen Zinsen direkt wieder auf. Der Kaufkraftverlust wird also größer, daher ist das richtige Anlegen noch dringlicher geworden – gerade, wenn die Kunden schon älter sind.

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Wenn die laufenden Ausgaben abgesichert sind, wie sollte das restliche Vermögen für den Ruhestand strukturiert werden?

Petrausch: Tendenziell sollte das Vermögen flexibel verfügbar sein. Wichtig ist ein Inflationsausgleich, also tendenziell ein Sachwert, Aktien oder Immobilien. Letztere sind zwar nicht so verfügbar, schwanken dafür aber weniger im Wert und liefern einen stetigen Zufluss an Miete. Aktien sind volatiler. Eine laufende private Rente im Ruhestand hilft, damit ist es aber schwierig, den Inflationsausgleich abzubilden. Der Ruhestand ist keine lineare Phase, daher fällt es vielen Menschen schwer, sich vorzustellen, was genau sie wann benötigen.

Welche Phasen im Ruhestand sehen Sie?

Petrausch: Die Phasen sind individuell verschieden. Manche leben bereits zuvor auf sehr hohem Niveau, für sie ändert sich bei Eintritt in den Ruhestand nichts und ihre Kosten sinken erst später, wenn sie weniger reisen. Für den nicht so gut situierten Best Ager kann es aber genau andersherum sein: Da ist vielleicht der Lebensstandard niedrig, aber die Kosten steigen später. Manche Menschen unterschätzen ihren Bedarf im Alter. Sie denken, sie leben vielleicht wieder wie ein Student, obwohl sie sich einen hohen Komfort angewöhnt haben. Daher reicht die Altersvorsorge bei vielen nicht aus. Hinzu kommt: Nicht nur die Lebenserwartung wird systematisch unterschätzt, auch der steuerliche Einfluss.

Wie wirken sich Steuern im Ruhestand aus? Haben Sie ein aktuelles Beispiel?

Petrausch: Die Regierung hat über die vergangenen 20 Jahre mit sinkenden Zinsen den Freibetrag für Kapitalerlöse immer weiter nach unten angepasst. Jetzt reichen 25.000 Euro bei 4 Prozent Verzinsung, um den Freibetrag komplett auszuschöpfen. Wer mehr als 25.000 Euro zum Beispiel relativ defensiv in Unternehmensanleihen anlegt, liegt schon über dem Freibetrag. Das ist im Vergleich zu vor zwei Jahren gewaltig, die Steuer vermindert die Rendite und auf der anderen Seite schlägt die Inflation voll durch. Kaufkraftverluste sind Realität! Ich glaube nicht, dass die Regierung die Freibeträge wieder an die steigenden Zinsen anpassen wird.

Was sollte bei der Entscheidung Verrentung versus Kapitalauszahlung beachtet werden?

Petrausch: Tendenziell ist eine Kombination anzuraten; für den sehr wohlhabenden Kunden vielleicht weniger Verrentung. Es müssen immer die lebenslangen Ausgaben durch die lebenslangen Einnahmen gedeckt werden. Alles, was die Flexibilität hergibt, kann man dann als Kapitalauszahlung entnehmen. Es gibt viele neue innovative Produkte, die eigentlich alle Kriterien erfüllen, von Einmalauszahlung über Auszahlplan bis hin zur Verrentung. Da kann man sich sein Portfolio frei zusammenstellen.

Was wird Ihrer Ansicht nach womöglich unterschätzt in der Ruhestandsplanung?

Petrausch: Viele Menschen haben sich an die Nullzinsen gewöhnt und waren froh, wenn sie Negativzinsen entgingen. Sie merken nicht, dass sie jetzt mehr verlieren als zuvor. Dass für defensive Anlagen der Freibetrag rasch ausgeschöpft ist, ist für sie komplett neu. Und das hat Auswirkungen. Ich versuche für die Kunden daher eine zweigeteilte Strategie umzusetzen, nämlich jedes Jahr einerseits für die liquiden Mittel die Freibeträge auszuschöpfen. Und andererseits die Mittel, die akut nicht benötigt werden, zum Beispiel in eine flexible Rentenversicherung zu legen. Dadurch wird die Steuer in jene Phasen verlagert, in denen der Kunde einen niedrigeren Steuersatz aufweist. Sie möchten ihren Kunden schließlich die Kaufkraft erhalten. Der Steueraspekt ist daher genauso wichtig wie die Rendite! Daran sind die Menschen heute nicht mehr gewöhnt.

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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