- Von Oliver Lepold
- 27.03.2025 um 12:26
Pfefferminzia: Wie viele auf Ruhestandsplanung spezialisierte Berater gibt es?
Ronald Perschke: Das ist schwer zu schätzen, weil leider kein Register für Ruhestandsplaner existiert. Wir beschäftigen uns seit mehr als zehn Jahren mit dem Thema, nach unserer Hochrechnung aufgrund der Ausbildungszahlen gibt es bundesweit 7.000 bis 10.000 spezialisierte Ruhestandsplaner im deutschen Markt, die konzeptionell arbeiten und dabei nicht Altersvorsorge oder Vermögensaufbau meinen. Der Markt ist damit klar unterversorgt. Der Bedarf ist drastisch höher, weil nun bald die Hälfte der Bevölkerung in die Altersgruppe 50plus fällt, die als Kernzielgruppe für die Ruhestandsplanung gilt.
Wie umreißen Sie die Zielgruppe für die Ruhestandsplanung genauer?
Perschke: Jeder Kunde ist willkommen in der Ruhestandsplanung. Das Konzept funktioniert auch mit Unter-50-Jährigen. Bei deutlich jüngeren Menschen können Sie aber mit dem Begriff Ruhestandsplanung keine Emotionalität erreichen. Das ist einfach zu weit weg. Daher wird in der Regel die Zielgruppe 50plus angesprochen. Wir stellen aber fest, dass selbstständige Kunden meist schon früher bereit sind. Da kann die Beratung tendenziell bereits mit Anfang/Mitte 40 beginnen.
Was lässt sich denn mit Anfang/Mitte 50 noch bewirken?
Perschke: Der Kapitalbedarf im Alter wird in vielen Altersvorsorge-Konzepten regelmäßig unterschätzt. Mit 50 Jahren hat der Kunde noch Zeit gegenzusteuern. Er ist dann in einer Lebensphase, in der Liquidität verfügbar ist; meist sind die Kinder aus dem Haus und eine Immobilie ist bereits abbezahlt. 50plus ist eine sehr attraktive Zielgruppe, die 75 Prozent des Vermögens im Markt besitzt und tendenziell auch noch erben wird. Hier lässt sich noch sehr viel bewirken.
Welche zusätzlichen Kenntnisse benötigen Vermittler für die Ruhestandsplanung?
Perschke: Der erste wichtige Schritt ist den Blick weg vom Vermögensaufbau hin zur Vermögensverwendung in der Ruhestandsphase zu drehen. Das klingt banal, ist es aber nicht, weil die Branche über Jahrzehnte lang auf den Vermögensaufbau fokussiert war. Die Herausforderung ist, eine Einkommensstrategie mit guten Produkten zu gestalten, die einen Lebensstandard erlaubt, mit dem sich die Kunden im Ruhestand wohlfühlen werden. Dazu brauchen Berater auch Fachwissen, aber vor allem sehr viel Konzeptwissen. Sie müssen die Bedarfe der Klientel erkennen und darauf punktuell das Know-how aufbauen.

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Zum Beispiel?
Perschke: Etwa Wissen zu Steuerfragen, erbschaftsrechtlichen Dingen und viel Wissen rund um die Immobilie, vor allem wie sie sich liquidieren lässt. Es reicht meist nicht, wenn ein erfahrener Versicherungsmakler oder Finanzanlagenvermittler seinen Blick dreht und sagt, ich fange einfach mal an. Wir stellen fest, dass im Austausch über den veränderten Beratungsansatz viele Vermittler schneller in diese Beratungsphilosophie hineinfinden. Generalisten, die gleichermaßen Versicherungen wie Finanzanlagen beraten, haben dabei meist die geringsten Probleme.
Der Begriff Ruhestandsplanung ist nicht geschützt. Woran erkennt ein Vermittler die Qualität einer Fortbildung?
Perschke: Ich empfehle stets zu prüfen, inwieweit wirklich die Bedarfssituation der Zielgruppe 50plus trainiert wird und wie viel Konzeptwissen für diese Lebensphase vermittelt wird, denn das ist das Wichtigste. Unter unseren Mitgliedern sind vor allem Ruhestandsplaner (FH) und Generationenberater (IHK) vertreten, dafür gibt es jeweils verschiedene Anbieter. Ich würde auch darauf achten, dass die Rechtsthemen nicht übergewichtet sind. Der Fokus muss klar auf der Beratungskompetenz liegen. Spezialisierte Fachthemen wie etwa Estate Planning sind eher etwas für Fortgeschrittene.
Welche Rolle spielt die Initiative Ruhestandsplanung bei der Etablierung dieses Geschäftsfeldes?
Perschke: Wir versuchen am Markt stärker das Verständnis für die Ruhestandsplanung zu erzeugen und die typische Verwechslung mit Altersvorsorge aus den Köpfen zu bekommen. Zudem bringen wir Best-Practice-Kenntnisse in Vernetzung, denn wir haben viele Mitglieder, die Ruhestandsplanung erfolgreich beraten, mit teilweise sehr unterschiedlichen Geschäftsmodellen. Zu hören, wie es bei anderen funktioniert, was in der Praxis klappt und was weniger, ist spannend. Und nicht zuletzt entwickeln wir Themen weiter, die im Markt noch nicht ausreichend positioniert sind. Ein Beispiel dafür ist die Immobilie in der Ruhestandsplanung, die oftmals als Vermögensschwamm wirkt und viel Liquidität blockt, die zur Gestaltung des eigenen Lebensstandards eigentlich benötigt wird. Wir haben dazu gerade in Kooperation mit GOING PUBLIC! Akademie für Finanzberatung ein neues Schulungsangebot zur Immobilienverrentung aufgelegt.
Weitere Informationen zur Initiative Ruhestandsplanung finden Sie hier.

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