- Von Redaktion
- 07.08.2017 um 08:46
Um die Verwirrung perfekt zu machen, haben Versicherungen auch noch die Möglichkeit, mit Genehmigung der Bafin bis zum Jahr 2031 mehrere Übergangsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Sie müssen beispielsweise ihre Rückstellungen also nicht sofort auf Grundlage von Solvency II bewerten, sondern können schrittweise auf die volle Solvency-II-Bewertung übergehen. Das wiederum führt zu höheren Solvenzquoten.
Assekurata-Analyst Heermann vergleicht die Solvenzquote mit Fiebermessen:
„Hat der Versicherer über 100 Prozent, hat er kein Fieber, liegt er unter 100 Prozent, hat er Fieber. Heißt das aber, dass der Versicherer mit einer Quote von über 100 Prozent keine anderen Erkrankungen hat? Nicht unbedingt.“
Und die Übergangsmaßnahmen wirkten quasi wie fiebersenkende Mittel: Der Patient geht zum Arzt, und es wird kein Fieber angezeigt, obwohl er vielleicht doch welches hat.
Was passiert aber nun, wenn ein Anbieter eine Quote von 100 Prozent aufweist?
Noch mal zur Erinnerung: Unternehmen mit einer Bedeckungsquote von 100 Prozent verfügen über exakt ausreichende Kapitalreserven für Negativszenarien, die statistisch einmal in 200 Jahren eintreten.
Liegt die Bedeckungsquote eines Versicherers beispielsweise bei 90 Prozent, hat er die Anforderung an dieses extreme Ereignis zwar nicht erfüllt. „Das Unternehmen kann dennoch seine aktuellen und künftig erwarteten Verpflichtungen erfüllen – und mit hoher Wahrscheinlichkeit die meisten Negativszenarien überstehen“, klärt der GDV auf.
Trotzdem schaut die Aufsicht bei einer Quote unter 100 Prozent genau hin.
Liegen die Eigenmittel unter der Solvenzkapitalanforderung, kann die Bafin das Unternehmen auffordern, bestimmte Gegenmaßnahmen zu ergreifen – beispielsweise die Eigenmittel durch eine Kapitalerhöhung anzuheben oder das Risikoprofil durch den Verkauf von Vermögenswerten mit höheren Risiken zu senken.
Neben der Solvenzkapitalanforderung gibt es aber auch noch die Mindestkapitalanforderung. Das ist das Kapitalniveau, das der Versicherer zum Schutz der Versicherten mindestens vorhalten muss. Unterschreitet er diese Schwelle, kann die Aufsicht scharf eingreifen – und etwa die Versicherungslizenz entziehen.
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