- Von Andreas Harms
- 04.07.2023 um 09:02
Irgendwann kommt er doch – der Moment, in dem sich alles ein bisschen löst. In dem es was zu schmunzeln gibt. Und in dem irgendwie was auf den Punkt kommt. So auch hier. Einer der anwesenden Journalisten fragt den älteren Herrn dort vorn, warum denn nun das schwedische Rentenmodell besser sei als das deutsche. Der antwortet trocken: „Wir haben wahrscheinlich weniger Probleme.“
Es ist Ende Juni in Stockholm. Der Versicherer Canada Life hat Journalisten nach Schweden eingeladen. Unter dem Motto „Mehr Schweden wagen“ geht es unter anderem um das bereits erwähnte Rentenmodell. Allerdings steht dahinter statt dem Punkt ein vorsichtiges Fragezeichen. Doch das dürfte eher ein Zugeständnis an jene sein, die Aktien in der Vorsorge für ein Wagnis halten. Als Versicherer mit nordamerikanischen Wurzeln hat Canada Life selbst ein eher entspanntes Verhältnis zur Materie.
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Der Mann dort vorn heißt Eskil Wadensjö und ist Professor für Arbeitsmarktpolitik an der Universität Stockholm. Knapp eine Stunde lang spricht er darüber, wie die Schweden ihr Rentensystem aufgebaut haben. Oder vielmehr: Wie es sich über die Jahrzehnte entwickelt hat.
Das lässt sich leider hier nicht alles im Detail ausbreiten. Stattdessen sollen es ein paar Kernaspekte sein, die sich im Laufe des Vortrags herausgeschält haben. So teilen zum Beispiel auch die Schweden ihr System in drei Gebiete ein, allerdings in Schichten und nicht in Säulen wie die Deutschen.
Garantierente von 740 Euro im Monat
Die unterste Schicht als Fundament ist das nationale Rentensystem. Es schließt alle Schweden ein, betont Wadensjö. Und wer eine allzu geringe Rente zu erwarten hat, bekommt eine über Steuern bezahlte Garantierente. Um diese Rente voll zu beziehen, muss man zwischen dem Jahr, in dem man 16 Jahre alt wurde und dem Jahr mit dem 64. Geburtstag mindestens 40 Jahre lang in Schweden gelebt haben. Bei Unverheirateten beträgt die Garantierente 8.779 Schwedische Kronen im Monat, umgerechnet rund 740 Euro. Für Verheiratete sind es rund 660 Euro pro Person.
Interessanterweise treten schon in dieser untersten Schicht die Kapitalmärkte auf den Plan. Denn von den insgesamt 18,5 Prozent Beitrag wandern lediglich 16,0 Prozentpunkte in die Umlage. 2,5 Prozentpunkte hingegen spart schon jeder für sich selbst in mindestens einen Investmentfonds. Bis zu fünf dürfen es sein, 800 Produkte stehen zur Wahl. Mag jemand nicht auswählen, fließt das Geld automatisch in den staatlichen AP7 Aktiefond. Dessen laufende Gebühren von 0,05 Prozent im Jahr können locker mit denen von börsennotierten Indexfonds (ETFs) mithalten. Ab dem 55. Lebensjahr senkt ein Automatismus schrittweise das Aktienrisiko, indem er Geld in den deutlich risikoärmeren Schwesterfonds AP7 Räntefond umschichtet, einen Anleihefonds.
Seite 2: Welche Schicht die wichtigste ist
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