Volkswirt Bert Rürup: „Ein Problem, das bisher verdrängt worden ist“ © picture alliance/dpa | Soeren Stache
  • Von Andreas Harms
  • 24.05.2024 um 12:59
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 01:25 Min

In einer bemerkenswerten Rede auf der Fachtagung des BVK zerpflückt der ehemalige Wirtschaftsweise Bert Rürup das deutsche Rentensystem. Vor allem das Äquivalenzprinzip erzeuge Probleme, die bisher verdrängt werden. Helfen könnte das Generationenkapital – nur anders als gedacht.

Der Volkswirt und ehemalige Wirtschaftsweise Bert Rürup erwartet demnächst einen Armutsschub unter Rentnern. Etwa ab 2030 werde der kommen und vor allem in der ehemaligen DDR. Das sagte er in seinem Vortrag auf der Fachtagung des BVK Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute.

„Ab da gehen die Wendeverlierer in Rente“, warnt Rürup: „Dann könnte unser auf Äquivalenz aufgebautes Rentensystem unter Druck geraten.“ In den neuen Ländern gebe es weniger Betriebsrenten, Ersparnisse und privaten Wohnraum als in den alten Ländern. „Damit kommt ein Problem auf uns zu, das bisher verdrängt worden ist“, führt er weiter aus.

Doch er hat eine Lösung parat, die mit dem geplanten Generationenkapital zusammenhängt: Warum nicht über dessen Erträge die kleineren Renten in diesen Ländern gezielt aufstocken. Das sei möglich, weil es sich nicht um Steuergeld handelt und die Kapitaleinkommen auch nicht vom Staat erwirtschaftet wurden. Damit würde die Idee nicht gegen das Äquivalenzprinzip verstoßen, so der Volkswirt weiter.

Wenn man stattdessen gegen diesen Armutsschub nichts unternimmt, so Rürup weiter, werde das Rentensystem „in Schwierigkeiten kommen“. Damit habe man ein doppeltes Problem: „Wir müssen generell die Leistung der Altersvorsorge verbessern. Aber wir haben auch ein innerdeutsches Problem.“

„Sichere Renten kann es gar nicht geben.“

Überhaupt ist Rürups Vortrag nicht wirklich als Lobenshymne auf das deutsche Rentensystem zu verstehen: „Von 38 OECD-Staaten legen 30 den größten Wert darauf, Altersarmut sicher zu vermeiden. Und das ist mit unserem Äquivalenzprinzip nicht zu vergleichen.“

An einer anderen Stelle räumt er auch mit einem Dauervorhaben der Deutschen auf, indem er schlicht sagt: „Sichere Renten gibt es nicht, kann es gar nicht geben.“ Sein Gedanke dahinter: Umlagesysteme enthalten Risiken aus der Lohnentwicklung – schließlich richten sich die Einnahmen nach Löhnen und Beschäftigungsgrad – und kapitalmarktgedeckte Systeme aus … nun eben den Kapitalmärkten. Deshalb seien Mischsysteme sicherer, weil sie diese Risiken streuen und damit senken.

Insgesamt stellt Rürup klar, dass die gesetzliche Rente nie den Lebensstandard im Alter sichern kann. „In meinem Verständnis wäre das so, dass man das in den letzten Erwerbsjahren gewohnte Einkommens- und Konsumniveau im Alter aufrechterhalten kann. Das kann dieses System bei einem Rentenniveau von 48 Prozent nicht erreichen“, sagt Rürup und schiebt noch nach: „Das kann es auch nicht bei 53 Prozent.“

autorAutor
Andreas

Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Hinterlasse eine Antwort