Wie viel Risiko hilft bei den Anlagezielen? © Freepik
  • Von Sabine Groth
  • 23.10.2024 um 16:50
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:15 Min

Die Risikotoleranz der Kunden sollte in der Altersvorsorge-Beratung berücksichtigt werden. Nicht immer ist sie hoch genug, um ausreichendes Vermögen für den Ruhestand aufzubauen. Hier kann es hilfreich sein, das Verständnis von Sicherheit des Kunden genauer zu hinterfragen.

In Paragraf 7c des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) sind einige Pflichten bei der Beratung zu Versicherungsanlageprodukten geregelt. Demnach müssen im Gespräch die Anlageziele und die Risikotoleranz der Kunden erfragt werden. Die Abfrage ist einfach. Doch bei manchen Kunden dürften die beiden Punkte nicht harmonieren. Mit der vorhandenen Risikotoleranz ist bei ihnen das Anlageziel meist nicht zu erreichen. Das ist ein klassisches Problem, wenn es um Altersvorsorge geht.

Einerseits sind viele Kunden sicherheitsorientiert und scheuen eher risikoreiche Anlagen, die in Aktienmärkte investieren. Andererseits erfordert ihr Anlageziel, ein ausreichendes finanzielles Polster für den Ruhestand aufzubauen, eine höhere Risikobereitschaft. Es lässt sich schnell überschlagen, wie viel Rendite die Anlage durchschnittlich im Jahr liefern müsste, damit das Ziel mit dem zur Verfügung stehenden Kapital im verbleibenden Zeitraum erreichbar ist (siehe auch Rendite ist die entscheidende Stellschraube“).

Wenn ein Zins von 5 Prozent und mehr erforderlich ist, kommt eine sicherheitsorientierte Anlage nicht infrage. Im aktuellen Umfeld ist eine so hohe Rendite ohne Aktieninvestments kaum umsetzbar. „Die Mehrheit der Kunden aus der Mittelschicht benötigen eine Anlage mit einer Rendite von 6 bis 7 Prozent, um ihr Anlageziel für die Altersvorsorge zu erreichen“, schätzt Guntram Overbeck, Leiter Produktmanagement bei Helvetia Leben, und ergänzt: „Gleichzeitig wollen sie eine sichere Anlage. Ein Paradoxon, das Berater irgendwie auflösen müssen.“

Was ist wichtiger: Weg oder Ziel?

Als einen möglichen Weg für diese nicht einfache Aufgabe sieht er die Hinterfragung der Risikotoleranz. Was genau versteht der Kunde oder die Kundin unter Sicherheit? Für die einen könnte Sicherheit bedeuten, dass ihre Anlage während der Laufzeit nur leichte Schwankungen aufweisen soll und keine zwischenzeitlichen Verluste ihnen den Schlaf rauben. Sie wollen einen sicheren Weg.  Bei einem solchen Verständnis von Sicherheit sollten Aktieninvestments und ähnlich volatile Anlagen gemieden werden. Die Kunden wären unzufrieden und es bestünde die Gefahr, dass sie in Panik verfallen, wenn die Aktienmärkte fallen, und zu einem ungünstigen Zeitpunkt mit Verlust verkaufen – und ihre Altersvorsorge erst einmal abbrechen. Hier sind sicherheitsorientierte Produkte, eventuell mit Garantien, die passendere Wahl. Allerdings muss den Kunden klar sein, dass sie ihr Anlageziel so nicht erreichen und nur ein kleineres Polster fürs Alter aufbauen.

Sicherheit kann aber auch so verstanden werden, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit das Anlageziel erreicht wird. Auf welchem Weg das geschieht, ist gleich. Kunden, die bereit sind, vor allem aufs Ziel zu schauen und zwischenzeitliche Schwankungen der Anlagen aushalten können, sollten risikoreichere Investments wie Aktienfonds wählen. Aufgrund des höheren Renditepotenzials dieser Investments bestehen bei einem langfristigen Anlagehorizont gute Chancen, das angestrebte Vermögen für den Ruhestand aufzubauen.

Die Kraft des Zinseszinseffekts

Schon wenige Prozentpunkte Rendite mehr pro Jahr können einen gewaltigen Unterschied im Ergebnis machen. Das ist neben der höheren Rendite an sich auch dem Zinseszinseffekt geschuldet. Er beruht darauf, dass nicht nur das eingesetzte Kapital an den Märkten arbeitet, sondern auch bereits erzielte Erträge Rendite liefern, was häufig unterschätzt wird.

Ein einfaches Beispiel:. 10.000 Euro werden für 30 Jahre angelegt zu einem Zins von 3 Prozent. Jahr für Jahr werden 300 Euro Zinsen ausgezahlt. Das macht nach 30 Jahren 9.000 Euro. Hinzu kommt das Startkapital von 10.000 Euro. Werden die Zinsen nicht ausgezahlt, sondern mit verzinst, hat der Sparer statt 19.000 Euro nach 30 Jahren 24.272 Euro. Liegt der Zins bei 6 Prozent, vergrößert sich der Abstand. Statt auf 28.000 Euro (600 Euro Zinsen pro Jahr) würde das Startkapital von 10.000 Euro durch den Zinseszinseffekt auf 57.435 Euro steigen. Höhere Renditechancen eröffnen also die Chancen auf ein sehr viel höheres finanzielles Polster für den Ruhestand.

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Sabine

Sabine Groth

Sabine Groth schreibt seit über 20 Jahren schwerpunktmäßig über Geldanlage sowie weitere Finanz- und Wirtschaftsthemen, seit 2009 als freie Journalistin. Zu ihren Auftraggebern zählen vor allem Fachmagazine und -portale.

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