- Von Sabine Groth
- 02.08.2023 um 09:20
Versicherer und Fondsgesellschaften sind Konkurrenten? In gewisser Weise schon, vor allem sind sie jedoch Partner, denn Versicherer sind die wichtigsten Kunden der Fondsbranche. Zusammen mit Pensionseinrichtungen sind sie seit der Finanzkrise 2008 in Deutschland die größten Investoren in offene Publikums- und Spezialfonds. Ende 2022 hielten sie gemeinsam 35 Prozent des Fondsvermögens von rund 3,4 Billionen Euro. Der Großteil der Fondsinvestments – dabei handelt es sich um deutlich mehr Anleihen- als Aktienstrategien – steckt in den eigenen Kapitalanlagen der Versicherer.
Diese Unterschiede sollten Sie kennen
Was die Fokusgruppe private Altersvorsorge vorschlägt
In Altersvorsorgeprodukten, etwa in privaten Rentenversicherungen, ermöglichen viele Gesellschaften ihren Kunden, auch Fonds, vor allem Aktienfonds, als Anlagevehikel direkt zu nutzen. Schließlich bieten diese höhere Renditechancen als die stark reglementierten Anlagen der Versicherer. Fondspolicen sind heute ein etabliertes Produkt für den Vermögensaufbau.
Fonds trifft BU: Ein charmantes Pärchen
Ein noch recht junger Trend ist, Aktienfonds in Policen zur Risikoabsicherung einzusetzen. Beispiel sind Berufsunfähigkeitsversicherungen. Dabei gibt es zwei Varianten. Zum einen eine Kombination aus Risikoabsicherung und Fonds-Sparanteil aus den Überschüssen, zum anderen Policen, deren komplette Kalkulation auf Fonds basiert.
Bei ersterer entfällt die Beitragsverrechnung. Während der Laufzeit kann der Versicherer Überschüsse aus der BU erzielen, etwa weil er zu konservativ kalkuliert hat und weniger Leistungsfälle und andere Kosten als geplant angefallen sind. Diese Überschüsse werden meist direkt mit dem Beitrag verrechnet, so dass dieser gesenkt werden kann. Bei einer Invest-BU fließen die Überschüsse stattdessen in Fonds und das so aufgebaute Guthaben kann am Laufzeitende steuerfrei vereinnahmt werden.
Risikoabsicherung: Fonds statt Sicherungsvermögen
Bei der zweiten Variante, der rein fondsbasierten BU, spielen Fonds eine zentralere Rolle. Hier basiert bereits die gesamte Beitragskalkulation auf dem Fondsinvestment. Statt wie üblich fließt der Beitrag nicht in das Sicherungsvermögen des Versicherers, sondern in die Fondsanlage. Aus dem Fondsguthaben werden die Risikokosten und andere Kosten finanziert.
Gerade in den ersten Jahren sind die Kosten vergleichsweise gering, so dass möglichst viel Kapital die Chancen der Fonds besonders lange nutzen kann. Obwohl das Risiko einer Berufsunfähigkeit mit dem Alter steigt, wird für die gesamte Laufzeit ein fixer Durchschnittsbeitrag erhoben. Da in jungen Jahren der Risikoschutz günstiger ist, zahlen die Kunden also erst einmal zu viel. Dieser Überbetrag wird anlegt, damit daraus bei fortgeschrittener Laufzeit die höheren Kosten für den Risikoschutz gezahlt werden können, ohne dass der Beitrag steigen muss. Und da die Sicherungsvermögen der Gesellschaften immer noch unter dem jahrelangen Niedrigzinsumfeld und seinen Nachwehen leiden, bietet eine Fondsanlage hierfür eine attraktive Alternative, die langfristig höhere Renditen erwirtschaften kann.
Günstigere Beiträge und Chancen auf Guthabenauszahlung am Laufzeitende
Hieraus ergeben sich zwei Vorteile. Da mit einer höheren Verzinsung der Anlagen kalkuliert wird, ergibt sich ein niedriger Durchschnittsbeitrag. Die BU wird erschwinglicher. Zudem besteht die Chance, zusätzlich ein Guthaben aufzubauen, wenn die Fondsanlage besonders gut läuft. So können die Kunden am Laufzeitende, wenn der Leistungsfall nicht eingetreten ist, die gezahlten Beiträge oder zumindest einen Teil davon zurückerhalten. Möchte man nicht bis zum Ende auf das Guthaben warten, kann das angesammelte Kapital auch schon früher zur Reduktion der laufenden Beiträge oder zum Beispiel zur Überbrückung bei Zahlungsschwierigkeiten verwendet werden.
Die höheren Renditechancen der Aktienfonds sind jedoch mit Risiken verbunden. Kann die in der Kalkulation unterstellte Verzinsung über einen längeren Zeitraum mit den Fonds nicht erzielt werden, müssen eventuell die Beiträge steigen, der Kunde muss einen Einmalbetrag nachschießen oder falls dies nicht gewünscht ist, seine Leistungsansprüche senken. Objektiv betrachtet besteht dieses Risiko auch bei einer konventionellen BU, wenn die Überschussbeteiligung des Versicherers sinkt.
Ein Blick auf die Zielgruppe
Aus diesem potenziellen Risiko ergeben sich die Zielgruppe und die Rahmenbedingungen für dieses innovative Konzept: Der Kunde sollte relativ jung sein, so dass der Vertrag eine lange Laufzeit hat. „Wir halten die fondsbasierte BU vor allem für Kunden bis 35 Jahre geeignet“, sagt Jens Patze, Produktmanager bei Helvetia Leben. Mit genügend Zeit können zwischenzeitliche, auch länger andauernde Kursrückgänge an den Aktienmärkten ausgesessen werden.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Aktienmärkte langfristig, trotz kurzfristig starker Schwankungen, überdurchschnittlich hohe Erträge erzielen. „Von dieser Stärke der Aktienmärkte sollte der Kunde überzeugt und mit den Chancen und Risiken vertraut sein“, so Patze. „Letztlich ist die Argumentation für eine fondsbasierte BU die gleiche wie für eine Fondspolice. Wer diese für die Altersvorsorge wählt, kommt auch dafür infrage, seine Arbeitskraft mithilfe der Renditekraft von Fonds abzusichern.“
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