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Johannes Heib, Leiter Versicherungen Deutschland bei der Investmentgesellschaft Invesco Asset Management © Invesco
  • Von Redaktion
  • 15.06.2023 um 13:25
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:45 Min

Jahrelang mussten Versicherer von stillen Reserven zehren und aufwendige Manöver fahren, um mit Anleihen noch Renditen einzufahren. Das ist heute anders, wie Johannes Heib, Leiter Versicherungen Deutschland bei der Investmentgesellschaft Invesco Asset Management, in seinem Gastbeitrag beschreibt. Denn die Zinswende hat die Geldanlage wieder sichtlich vereinfacht und läutet die Erntezeit ein.

Relativ hochwertige Anleihen könnten 2023 nicht nur ihrer Funktion als Sicherheitsanker für das Portfolio wieder gerecht werden, sondern auch attraktive Renditen bieten. Vor allem in kürzeren Laufzeitsegmenten, dem kapitaleffizienten Bereich der Zinsstrukturkurve (zur Erklärung: Die Zinskurve ist ein Diagramm, auf dem die Anleiherenditen für unterschiedliche Laufzeiten abgetragen werden).

Nachdem Anleger in der Negativzins-Ära aktiver nach Rendite suchen und dafür in der Regel höhere Risiken eingehen mussten, bieten sich damit jetzt wieder gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches Ernte-Modell: Man kauft ein Portfolio von relativ hochwertigen Wertpapieren, pflegt es und erntet die Kupons über einen mehrjährigen Anlagehorizont. Damit bieten sich wieder bessere Aussichten für risikoarme Buy-and-Maintain-Portfolios (Deutsch: Kaufen-und-Halten-Portfolios) mit relativ geringem Portfolioumschlag.

Hohe Qualität mit Hochverzinsung

Am Euro-Anleihemarkt sind die Renditen von Staatsanleihen wie auch von Unternehmensanleihen so hoch wie zuletzt vor rund zehn Jahren. Die Renditen von US-Anleihen liegen ebenfalls relativ hoch, erscheinen aber wegen der Kosten für die Währungsabsicherung weniger attraktiv.

Besonders günstig erscheint das aktuelle Umfeld für Investment-Grade-Anleihen, also Papieren von guten bis erstklassigen Schuldnern. Mittlerweile bieten diese die Möglichkeit, Renditen zu erwirtschaften, die zuvor nur mit Hochzins- und Schwellenländeranleihen realisierbar waren, und das zu geringeren Solvenzkapitalkosten.

Tatsächlich entspricht die aktuelle Verzinsung von Euro-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating inzwischen in etwa der durchschnittlichen Rendite von Euro-Hochzinsanleihen im Zeitraum 2014 bis 2021. Dabei ist das Ausfallrisiko in diesem Segment deutlich geringer: Die höchste jährliche Ausfallrate globaler Investment-Grade-Unternehmensanleihen, die in den Jahren 2002 und 2008 gemessen wurde, betrug lediglich 0,4 Prozent, die von Hochzinsanleihen dagegen 10 Prozent oder mehr (Quelle: Quelle: S&P 2021 Annual Global Corporate Default and Rating Transition Study).

Rendite bei zirka 4,2 Prozent – im schlechtesten Fall

Da die Anleihemärkte mit weiteren Zinserhöhungen durch die meisten großen Zentralbanken rechnen, sind die Renditen bei kürzeren Laufzeiten derzeit am höchsten. Betrachtet man ein Drei- oder Fünfjahres-Portfolio mit Investment-Grade-Unternehmensanleihen, so liegt die Indexrendite im schlechtesten Fall bei zirka 4,2 Prozent, während sich die effektive Duration bei drei bis vier Jahren bewegt (gemessen am des ICE BofA ML 3-5y Euro Corporate (ER02) Index. Quelle: Bloomberg, März 2023). Die Duration gibt an, wie lange das eingesetzte Kapital im Durchschnitt gebunden ist und ist ein Maß dafür, wie sensibel ein Anleiheportfolio auf sich verändernde Renditen reagiert).

Eine Diversifizierung der Emittenten und detaillierte Kreditanalysen Anleihe für Anleihe (Bottom-up-Ansatz) können dabei zum einen das Portfolio zusätzlich stabilisieren. Durch die größere Streuung zwischen Regionen, Sektoren und Emittenten bieten sie aber auch mehr Möglichkeiten, Mehrerträge zu erzielen. Ausgefeilte Analysesysteme können dabei helfen, Portfolios im Hinblick auf die potenziellen Renditen innerhalb eines Solvency-II-Budgets weiter zu optimieren.

Überschaubare Risiken

Welche Risiken sind mit dem beschriebenen Ernte-Modell verbunden? Zum einen ist denkbar, dass es den Zentralbanken nicht gelingt, die Inflation unter Kontrolle zu bringen. In dem Fall wären weitere Zinserhöhungen erforderlich, was zu kurzfristigen Opportunitätskosten in Bezug auf die Buchrendite führen würde, zugleich aber die Chance mit sich brächte, bei Fälligkeit profitabler neu anzulegen.

Ein schwächer als erwartetes Wachstum wiederum hätte negative Auswirkungen auf die Fundamentaldaten der Unternehmen. Dadurch entstünden kurzfristige Opportunitätskosten in Bezug auf bestimmte Einstiegspunkte. Eine größere Welle „gefallener Engel“ – also Herabstufungen von Investment Grade auf High Yield – ist jedoch aktuell nicht in Sicht, und durch eine sorgfältige Kreditrecherche und Streuung lassen sich diese Risiken abschwächen. Zudem erhöht ein Fokus auf kürzere Laufzeiten die Transparenz und dürfte den Bedarf an Portfolioumschichtungen verringern.

Evergreen-Portfolios im Vorteil

Aktuell liegen die globalen Renditen nach Berücksichtigung der Kosten der Währungsabsicherung unter denen von reinen Euro-Anleiheportfolios. In den nächsten ein bis zwei Jahren dürften sich die Renditen jedoch annähern, da die Europäische Zentralbank (EZB) dabei ist, die Zinsen stärker anzuheben und zu den USA aufzuschließen.

Aufgrund des Russland-Ukraine-Kriegs und der dadurch ausgelösten Energiekrise sind die Renditeaufschläge (Spreads) am Euro-Markt im Jahr 2022 stärker gestiegen als in den USA. Mit der Anpassung der Unternehmen an die neue Realität und der wirtschaftlichen Erholung könnte sich diese Spread-Ausweitung jedoch teilweise wieder zurückbilden.

Nach der unterdurchschnittlichen Wertentwicklung des britischen Anleihemarktes und der asiatischen Märkte im Jahr 2022 bieten sich zudem auch an diesen Märkten aktuell interessante Anlagemöglichkeiten. Daher spricht einiges für einen flexiblen Ansatz, vor allem für Evergreen-Portfolios, deren Erträge und Fälligkeitserlöse wieder angelegt werden können.

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