- Von Sabine Groth
- 20.04.2022 um 11:10
Die einfache Frage „Wie viel Nachhaltigkeit hätten Sie denn gern?“ klingt gut, reicht aber in der Realität nicht aus. Denn um die Anlage wirklich qualifiziert beraten zu können, sollten sich folgende Fragen anschließen: Und welche Art von Nachhaltigkeit? Soll das Investment auf Wertpapiere von Unternehmen verzichten, die mit umstrittenen Bereichen wie Waffen, Tabak oder fossilen Energiequellen Geld verdienen? Oder soll in Unternehmen investiert werden, die ökologisch, sozial und durch eine vorbildliche Unternehmensführung hervorstechen, also eine überdurchschnittliche ESG-Bewertung aufweisen? Oder in Unternehmen, die mit geringen CO2-Emissionen punkten? Oder in Unternehmen, deren Geschäftsmodelle sich gezielt dem Klimawandel widmen?
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Die Indexwelt kann mittlerweile in Sachen Nachhaltigkeit sehr viele Wünsche erfüllen. Allein MSCI hat als der weltweit größte Anbieter von ESG-Indizes über 1.500 solcher nachhaltigen Aktien- und Anleiheindizes entwickelt. Und auch bei anderen Indexanbietern steht das Thema oben auf der Agenda. Über Exchange Traded Funds (ETFs) haben Investoren Zugang zu nachhaltigen Indizes. Und dieser wird auch kräftig genutzt. 2021 flossen 51 Prozent der ETF-Zuflüsse in Europa in ESG-ETFs, vermeldet das Analysehaus Morningstar.
Was steckt im Index wirklich drin?
Zum Leidwesen von Beratern und Investoren lässt sich am Namen aber nicht immer erkennen, was im Index tatsächlich drinsteckt und wie er Nachhaltigkeit umsetzt. Nehmen wir zum Beispiel verschiedene nachhaltige Varianten des MSCI World Index.
Der MSCI World ESG Screened Index arbeitet nur mit Ausschlüssen, etwa von Unternehmen aus den Bereichen kontroverse und nukleare Waffen, Tabak, thermische Kohle und Ölsand. Statt der aktuell 1.539 Titel im Mutterindex enthält er 1.463 Titel. Der MSCI World ESG Leaders hingegen enthält aus jedem Sektor die Unternehmen mit guter ESG-Performance. Rund 50 Prozent des jeweiligen Sektors sollen im Index repräsentiert sein. 709 Werte sind das Ergebnis. Im MSCI World SRI sind sogar nur die aus ESG-Sicht besten 25 Prozent eines jeden Sektors enthalten, derzeit 368 Werte. Dabei sind also auch die im Vergleich nachhaltigsten Unternehmen aus wenig ökologischen Bereichen wie Bergbau und Industrie.
Die Beispiele zeigen: Ein Blick auf die Indexstrategie ist dringend empfehlenswert. Und es zeigt die Krux des Themas: Es gibt weder ein einheitliches Verständnis noch eine Definition von nachhaltiger Geldanlage.
Wie kann ein Berater die große Anzahl an Indizes mit derartig unterschiedlichen Herangehensweisen auf der einen Seite mit den Wünschen des Investors auf der anderen Seite in eine geeignete Fondsauswahl zusammenführen?
Nachhaltigkeit in der Beratung
Berater sind, auch bei Fondspolicen, ab August verpflichtet, die Kunden unter Berücksichtigung ihrer Nachhaltigkeitspräferenzen zu beraten. Hilfestellung soll hierbei die Einordnung von Fonds inklusive ETFs gemäß der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) liefern, die die Fondsgesellschaften selbst vornehmen: Hellgrüne Artikel-8-Fonds berücksichtigen ESG-Kriterien bei der Titelauswahl, dunkelgrüne Artikel-9-Fonds verfolgen darüber hinaus ein explizites nachhaltiges Anlageziel. Bis heute ist aber noch vieles ungewiss. Das Ziel ist gut und klar, der Weg dahin aber noch sehr weit und intransparent.
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