Niederlassung von PWC Deutschland in Düsseldorf. © picture alliance / imageBROKER | Karl F. Schöfmann
  • Von Lorenz Klein
  • 06.04.2023 um 13:09
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:30 Min

Das Angebot nachhaltiger Fonds steigt stetig. Oft fehlt es den Anlegern aber hier am nötigen Durchblick, um ihre Anlageentscheidung treffen zu können. Das ergab eine aktuelle Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC Deutschland und dem Analysehaus Morningstar. „Dunkelgrüne“ Artikel-9-Fonds ziehen danach das größte Anlegerinteresse auf sich.

Der Wunsch von Anlegern, in nachhaltige Produkte im europäischen Fondsmarkt zu investieren, sei ungebrochen – allerdings machten es viele nachhaltige Fonds den Anlegern schwer, ihre Absichten und Ziele zu durchschauen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC Deutschland und dem Analysehaus Morningstar auf Basis eines White Papers (Download hier). Ziel der Untersuchung war es, den Stand der ESG-Offenlegung im Asset & Wealth Management 2022 zu ergründen.

Der Mangel an Transparenz ist PWC zufolge aber nicht einseitig den Fondsmachern anzulasten. „Die fehlende Transparenz hängt im Wesentlichen mit der Geschwindigkeit der Umsetzung multipler Regularien zusammen“, erläutert Martin Weirich von PWC Deutschland. Dazu muss man wissen: Erst mit Inkrafttreten der sogenannten Level-II-Anforderungen der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) würden seit Januar dieses Jahres erweiterte Transparenzpflichten eingefordert.

Kein einheitliches Muster bei Etikettierung

Seit März 2021 gilt Stufe 1 der EU-Offenlegungsverordnung. Danach werden die Produkte in drei Kategorien untergeteilt: Finanzprodukte ohne expliziten Fokus auf Nachhaltigkeit in ihrer Anlagestrategie fallen unter Artikel 6. Unter Artikel 8 fallende Fonds bewerben unter anderem ökologische oder soziale Merkmale. Anlageprodukte, die als Artikel 9 eingestuft werden, müssen laut PWC „explizit ein nachhaltiges Investitionsziel verfolgen“. Man könnte gewissermaßen auch von „dunkelgrünen“ Fonds sprechen.

Dem Whitepaper zufolge gingen Asset Manager bei der Einstufung ihrer Fonds nach Artikel 8 oder 9 der Offenlegungsverordnung 2022 sehr unterschiedlich vor. „Es bleibt abzuwarten, ob sich 2023 die Transparenz bei den Produkten deutlich erhöhen wird“, sagt PWC-Berater Martin Weirich. „Einige Asset Manager legen die Vorschriften konservativer aus als andere.“

Zu bedenken ist auch: Eine Klassifizierung nach Artikel 8 oder 9 ist noch kein formales ESG-Label. „Anleger sollten sicherstellen, dass sie die individuellen ESG-Ziele eines Fonds und den Investitionsprozess genau verstehen“, betont Weirich dann auch. Der Studie zufolge erreichten per Ende Dezember 2022 Artikel-8- und-9-Fonds einen Marktanteil von rund 55 Prozent beim verwalteten Vermögen im europäischen Fondsmarkt. Dies sei auch auf eine verstärkte Reklassifizierung bisheriger Artikel-6-Fonds im Vorfeld der Level-II-Anforderungen der SFDR zurückzuführen. Im Klartext: Es wurde reichlich umetikettiert. Im zweiten und dritten Quartal sei die Mehrzahl der Artikel-6-Produkte auf Artikel 8 hochgestuft worden, berichten die Autoren.

Artikel-9-Fonds klar bevorzugt von den Anlegern

Weiter zeigt sich, dass das Interesse der Investoren an Artikel-6- und Artikel-8-Fonds seit Anfang 2022 deutlich nachgab. Beide Kategorien zusammen verzeichneten im dritten Quartal Nettomittelabflüsse von rund 80 Milliarden Euro. Fonds, die ein explizites Nachhaltigkeitsziel gemäß Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung verfolgen, verdoppelten hingegen ihre Zuflüsse auf 12,6 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorquartal – und das trotz Inflationsdrucks, geopolitischer Risiken und Marktvolatilität im dritten Vierteljahr.

Im vierten Quartal 2022 wiesen Artikel-8-Fonds, die ökologische und soziale Aspekte bei der Auswahl der im Portfolio enthaltenen Emittenten berücksichtigen, wieder Nettoneumittelzuflüsse auf. Artikel-9-Fonds zeigten hingegen den geringsten Zuwachs seit Einführung der Offenlegungsverordnung im März 2021. Ein Grund aus Sicht der Studienautoren: Von den insgesamt 420 Umklassifizierungen im vierten Quartal handelte es sich in 307 Fällen um Abstufungen von Artikel 9 auf Artikel 8. Betroffen war demnach ein verwaltetes Vermögen von insgesamt 175 Milliarden Euro.

Fondsneuauflagen stabil im Trend

„Bei den Produktneuentwicklungen zeigte sich bei Fonds, die nach Artikel 8 und 9 klassifiziert sind, im Jahresverlauf 2022 hingegen ein stabiler Trend. Zudem bauten die Vermögensverwalter ihre Fondspalette hinsichtlich Anlageklasse, Marktengagement, Anlagestil und Thema weiter aus, wobei Aktienfonds überwiegen“, teilen die Autoren mit.

Außerdem lasse sich bei Fonds nach Artikel 8 und 9 eine Zunahme an ESG- und Umweltfonds erkennen. „Unter Artikel 9 erweiterten verschiedene Themenfonds ihr Angebot zum Erhalt von Ökosystemen, zur Erzeugung erneuerbarer Energien oder zum Aufbau energieeffizienter Infrastrukturen“, so die Erläuterung der Fachexperten.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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