- Von Andreas Harms
- 26.06.2023 um 14:43
Damit bleibt trotzdem die Frage im Raum, ob nun nach der Zinswende nicht doch der Umkehrschluss eintritt – nämlich, dass Garantien jetzt wieder steigen. Leider muss Michael Hauer in dieser Hinsicht die Pferde gleich wieder beruhigen. Nach einer abnormalen Zinsphase unter dem Nullpunkt seien wir jetzt lediglich in einer normalen Zinsphase angekommen, meint der Chef des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP). Wobei das vielleicht noch kein Problem ist – auch normale Zinsen sind mehr als nichts. Dann kommt aber das große Aber: „Zur Erzeugung der Garantien ist derjenige Zinssatz entscheidend, den der Versicherer dem Kunden garantiert. Das ist in der Regel maximal der gesetzlich vorgeschriebene Rechnungszins“, so Hauer.
Deutsche Aktuarvereinigung lässt Höchstrechnungszins unten
Der liegt aber wie in Beton gegossen weiter bei mageren 0,25 Prozent. Und geht es nach der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV), bleibt das auch im kommenden Jahr so. Warum sich die Aktuare so defensiv zeigen, lässt sich nicht in einem einzigen Satz erklären. Schließlich modellieren sie ein „repräsentatives Neuanlageportfolio eines Lebensversicherungsunternehmens mit konservativer Kapitalanlagestrategie“ – und das lässt sich heutzutage problemlos mit 2 Prozent Rendite bewerkstelligen.
Allerdings – und das erklärt es – glätten die Aktuare das Ergebnis über den Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre und ziehen außerdem noch einen Sicherheitspuffer von mindestens 0,4 Prozentpunkten ab. Und damit ist es erst einmal vorbei mit der Zinsfantasie, zumindest fürs kommende Jahr.
Somit steht auch fest, warum das Comeback von hohen Garantien erst einmal vertagt ist. „Man muss bedenken, dass Garantieversprechen sehr lange Zeit gelten, im Falle einer Rentenversicherung sogar lebenslang. Für tiefgreifende Veränderungen müsste sich der höhere Zins auch erst dauerhaft verfestigen. Es erscheint eher realistisch, dass sich der Trend zu einer Flexibilisierung der Garantiemodelle fortsetzen wird“, meint der DAV-Vorsitzende Maximilian Happacher.
Rentenversicherung mit Zertifikat
Aber kann man sich nicht auch vom Höchstrechnungszins lösen und am Kapitalmarkt Garantien zusammenzimmern? Dann eben ohne Deckungsstock? Ja, kann man. Ein Beispiel dafür ist die Versicherungskammer Bayern mit ihrem Wertschutz Zertifikat Plus. Das ist eine Rentenversicherung, die auf ein Zertifikat mit zwölf Jahren Laufzeit aufsetzt. Das hat die Barclays Bank zusammengebaut – und dafür das neue Zinsniveau genutzt. Über das Zertifikat garantiert sie eine Mindestauszahlung von 142,50 Prozent nach zwölf Jahren, was aufs Jahr gerechnet erst einmal 3,0 Prozent entsprechen würde. Hinzu kommt, dass das Zertifikat zu einem bestimmten Prozentsatz einem globalen, nachhaltigen Aktienindex folgt. Kleiner Unterschied zum Deckungsstock: Im Rahmen des Zertifikats tritt Barclays als Garantiegeber gegenüber dem Versicherer auf.
Solche Produkte hatte die Versicherungskammer schon früher auf dem Markt, vor der richtig extremen Zinsflaute. Doch damals wie heute gilt: Das Kontingent ist begrenzt, was dem üblichen Vorgehen am Zertifikatemarkt entspricht. Dort haben Produkte im Normalfall ein maximales Emissionsvolumen.
Das ist zugleich der Grund, warum sich solche Konstruktionen nicht für laufende Sparbeiträge eignen, sondern nur für Einmalanlagen. Die aber erzeugen wiederum einen geschäftspolitischen Konflikt. Denn viele Versicherer sehen Einmalbeiträge derzeit lieber in ihren Deckungsstock fließen. Dann können sie dort für den Anlagebetrag Anleihen mit den schönen erhöhten Renditen nachkaufen – und damit die Gesamtrendite des Deckungsstocks erhöhen. Das erhöht die Überschüsse für alle Sparer – und ein bisschen auch das Image des Versicherers. „Die Zinsen hochmischen“, heißt das im Fachsprech. Doch für solche Verträge gilt nach wie vor nur der Garantiezins von maximal 0,25 Prozent – und damit rechnen sich Garantien nur bis zu vielleicht 80 Prozent. Es ist verzwickt.
Mischfonds als Sicherheitsvermögen
Einen ganz anderen, sehr eigenen Weg, um die Garantiezinsgrenze zu umgehen, hat die Canada Life gefunden. Sie setzt von vornherein nicht auf das klassische Deckungsstockprinzip, sondern nutzt als Sicherheitsvermögen einen internen Mischfonds namens Unitised-With-Profits (UWP). Der kann bis zu 50 Prozent aus Aktien bestehen, Ende Mai waren es 42 Prozent.
Seite 4: Der eigene Weg der Canada Life
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