- Von Lorenz Klein
- 27.05.2022 um 15:39
Die privaten Haushalte in Deutschland reagieren auf eine wachsende Unsicherheit, indem sie mehr sparen. Doch dieser eherne Grundsatz scheint in der aktuellen Krise außer Kraft gesetzt worden zu sein. „Diesmal geht die private Sparquote trotz Ukraine-Krieg voraussichtlich sogar deutlich zurück“, berichtet der Analyst der DZ Bank, Michael Stappel im hauseigenen „DZ Research Blog“.
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Doch für diesen scheinbaren Widerspruch gibt es einen naheliegenden Grund: Dem Bedürfnis, in unsicheren Zeiten mehr zurückzulegen, stehe aktuell ein gewaltiger Nachholbedarf bei den Bundesbürgern aus der Phase der Corona-Einschränkungen gegenüber, wie es im Blog heißt. Zur Erinnerung: Die Sparquote erreichte 2020 mit 16,1 Prozent einen neuen Rekord und blieb auch 2021 mit 15 Prozent extrem hoch, wie Stappel in seiner Analyse schreibt. Insgesamt sparten die privaten Haushalte demnach in den vergangenen beiden Jahren rund 200 Milliarden Euro zusätzlich. Die hohe Sparquote und die kräftigen Aktienkursgewinne hätten 2020 und 2021 für einen starken Anstieg des privaten Geldvermögens um 6,7 beziehungsweise 8,4 Prozent gesorgt. In diesem Jahr dürfte sich der Vermögensaufbau jedoch mit nur noch 2,3 Prozent „spürbar verlangsamen“, wie Stappel weiter ausführt.
Krieg trübt Konsumfreude der Bürger
Zwar dürften für die aufgestauten Konsumbedürfnisse der Deutschen – dank ihres früheren Spareifers – nun liquide Mittel bereit liegen, allein: Der Krieg trübt die Konsumfreude der Bürger und die schon seit längerem bestehenden Lieferkettenprobleme verstärkt“, schlussfolgert der DZ-Banker – und fügt eine bittere Erkenntnis hinzu:
„Ohne den Angriff Russlands auf die Ukraine hätte das Auslaufen der Corona-Beschränkungen in diesem Frühjahr voraussichtlich zu einer kräftigen Belebung des privaten Verbrauchs geführt und die Sparquote wäre deutlich unter ihren langjährigen Durchschnitt gefallen.“
Der Analyst geht nun davon aus, dass sich der Sparanteil an den Einkommen der Deutschen für die Jahre 2022 und 2023 mit rund 10 Prozent nahe am Durchschnittsniveau einpendeln werde.
Wobei sich die Lage aufgrund der aktuellen Zinssituation noch etwas komplizierter darstellen dürfte: Denn das Umfeld für die Geldanlage habe sich mit dem Auslaufen der Corona-Beschränkungen und dem Kriegsausbruch in der Ukraine radikal verändert, wie Michael Stappel näher ausführt: So habe die durchschnittliche Rendite inländischer Rentenpapiere inzwischen nicht nur die Negativzone verlassen, sondern sei „in kürzester Zeit“ auf zuletzt 1,3 Prozent gestiegen.
Auch bei Bankeinlagen ist dem DZ-Bank-Analysten zufolge ein Trend steigender Zinsen „allmählich erkennbar“. Zugleich habe der Kriegsausbruch zu einem spürbaren Nachgeben der Aktienkurse geführt. Damit nicht genug: Neben dem Krieg und dem Zinsanstieg seien insbesondere die strengen Corona-Maßnahmen in China ein größeres Risiko für den Aktienmarkt, so Stappel.
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