- Von Andreas Harms
- 08.06.2022 um 12:59
Heißt auf Deutsch: Die hohen Preise treiben dann auch die Löhne, und die gefürchtete Lohn-Preis-Spirale entsteht. Gerade wenn der Arbeitsmarkt so leergefegt ist wie heute. Matthias Jörss sieht darin eine Gefahr: „Die Historie zeigt: Je später man Inflation bekämpft, desto mehr muss man auch die Inflationsmentalität bekämpfen und desto ausgeprägter wird der Abschwung.“
Der nette Nebeneffekt steigender Zinsen
Und genau dort dürfte der Grund liegen, warum die Investmentbranche inzwischen derart auf steigende Zinsen aus ist. Anstelle einer wirklich heftigen Rezession nebst Jahrhundert-Aktiencrash bevorzugt sie lieber einen moderaten Abschwung, der alles ein bisschen bereinigt, dann aber zügig seinen Boden findet. Dass vor allem aufgeblähte Hightech-Aktien derzeit viel an Wert verlieren, geht durchaus noch als Teil einer solchen gesunden Bereinigung durch.
Angenehmer Nebeneffekt: Wenn Anleihen wieder zählbare Renditen über Inflationsniveau abwerfen, gehen Anleger auch mal wieder dorthin. Zuletzt hatte die Branche verstärkt Abflüsse aus Rentenfonds verzeichnet. Der Markt war für normale Anleger einfach zu heiß und uninteressant geworden. Das könnte wieder drehen, sobald Risiken wieder angemessen bezahlt werden.
Der neutrale Zins reicht nicht aus
Wie weit die Zinsreise in diesem Jahr geht, lässt sich noch nicht sagen. Die EZB will die Wirtschaft nicht durch zu schnelle Zinsschritte abwürgen. Außerdem muss sie aufpassen, dass hoch verschuldete Euroländer wie Italien ihre Zinsen noch weiter bezahlen können. Deshalb legt sie sich nicht fest und schaut lieber auf ihre Daten. Die Volkswirtin Roxane Spitznagel von der Fondsgesellschaft Vanguard rechnet mit um 1,0 oder gar 1,25 Prozentpunkte steigenden Zinsen noch in diesem Jahr. Bis Ende 2023 könnte es auf 2,5 Prozent gehen.
Die sogenannte neutrale Rate liegt laut Experten aktuell bei 1,5 Prozent. Das wäre dann der Satz, der weder bremst noch stimuliert. Dieses Niveau reicht im aktuellen Umfeld aber nicht aus.
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