Youtuber Stephan Peters in seinem Beitrag über die RTL-Sendung „Stern TV Spezial“ © Screenshot Youtube
  • Von Andreas Harms
  • 13.11.2023 um 12:21
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 03:05 Min

Die Geschichte über die Sendung „Stern TV Spezial“ mit den „Experten“ Hermann-Josef Tenhagen und Ron Perduss ist um einen Höhepunkt reicher. In einem Youtube-Video nimmt der Youtuber und ehemalige Versicherungsvermittler Stephan Peters das Stück minutiös, sauber pointiert und mit quälender Präzision auseinander.

An einer Stelle entfährt es Stephan Peters nur noch: „Ich hab keinen Bock mehr. Das geht mir echt an die Gehirnsubstanz.“ Zuvor hatte der Verbraucherjournalist Ron Perduss einer Familie nahegelegt, ihre Rechtsschutzversicherung zu kündigen. Schließlich hatte die ja zehn Jahre lang keinen einzigen Schadensfall. Logisch, oder?

Damit ist die Geschichte um die fragwürdige RTL-Sendung „Stern TV Spezial“ zum Thema „Sparen bei Versicherungen“ vom 2. November um ein Kapitel reicher. Denn der ehemalige Versicherungsvermittler und heutige Youtuber Peters hat sich – im Auftrag des Maklerpools Fonds Finanz – nun ebenfalls mit ihr auseinandergesetzt. Vor einigen Wochen hatte er sich bereits an einem WISO-Beitrag abgearbeitet.

Das macht er so detailliert, dass es manchmal wehtut. Wobei vor allem die Experten im Studio, Rechtsanwältin Nicole Mutschke, „Finanztip“-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen und Verbraucherjournalist Ron Perduss, nicht gut wegkommen (mehr zur Sendung und ihrer Nachwirkung lesen Sie hier, hier und hier).

Als roter Faden dient Peters dabei der Ansatz der Sendung, in erster Linie möglichst viel Geld zu sparen. Dieses gesparte Geld soll, wie an mehreren Stellen erwähnt, in den Urlaub fließen. „Verbraucher brauchen ne gute Geschichte, und Urlaub ist ne gute Geschichte. Denn der lenkt von … äh … der Wahrheit ab“, so Peters dazu.

Bei ungefähr 8:30 Minuten kommt er schließlich zu jenem Teil mit den Versicherungen und stellt entsetzt fest: „Wenn man über ein Thema wie Versicherungen eine Sendung macht, liegt es doch irgendwie nahe, dass man Menschen dazu einlädt, die Ahnung davon haben. Oder die das zehn Jahre lang mal gemacht haben, in der Praxis. Hat aber keiner von denen.“

Und dann kommt es Schlag auf Schlag. Auf Tenhagens Auskunft, es bringe preislich wenig, mehrere Verträge bei einem Anbieter zu haben, stöhnt Peters erstmal „Preis …“ und schmettert dann entnervt entgegen: „Schon mal was von Bündelnachlässen gehört? Oder Kulanz? Auf die du pfeifen kannst, wenn du bei einem Versicherer nur einen Vertrag hast?“

„Nen Betreuer hat man in der Pflege, Herr Tenhagen“

Zwar räumt Tenhagen danach ein, dass mehrere Verträge einfacher zu handhaben sind, wenn man nur einen einzigen Betreuer (!) hat. Doch Peters dazu: „Nen Betreuer hat man in der Pflege, Herr Tenhagen. Und da lande ich auch bald, wenn das so weiter geht.“

Als alle drei Experten die Unfallversicherung als (weitgehend) überflüssig einstufen – denn die zahlen ja „nur“ bei dauerhaften Schäden –, bricht es aus Peters heraus. 3,5 Milliarden Euro haben Unfallversicherungen an Menschen ausgezahlt, die wegen eines Unfalls bleibende Schäden behalten haben. „Aber die zahlt ja nie“, schmeißt er noch hinterher. „Braucht keiner, nö.“

Anschließend in Richtung RTL-Redaktion: „Menschen, die nach einem Unfall Gliedmaßen nicht mehr benutzen können oder blind geworden sind, die habt ihr ja auch nicht in die Sendung eingeladen. Solltet ihr aber mal tun, denn die würden euch was anderes erzählen. Zum Beispiel wie teuer der behindertengerechte Umbau des Hauses wird.“

Irgendwann dreht sich die Sendung auch um Vermittler, oder wie Peters es ausdrückt:

„Rufmord an einer ganzen Branche“

An einer Stelle behauptet Tenhagen: „Makler sind für viele verschiedene Versicherungen unterwegs.“ Mit schmerzverzerrtem Gesicht korrigiert Peters: „Die sind bestimmt nicht für Versicherer unterwegs, die sind für Kunden unterwegs. Die vertreten nämlich nicht die Interessen der Versicherung, sondern die Interessen des Kunden.“

Später folgt die Stelle, die allein über Tenhagen schon eine Menge aussagt. Denn er sagt über Berater: „Wann immer es geht, würde ich auf den Mann oder die Frau verzichten, denn die werden von meinem Geld bezahlt.“

„Ich könnte in den Bildschirm kotzen“, entfährt es Peters daraufhin. Er weist darauf hin, dass „Finanztip“ im Internet über eigene Links auf Produktgeber Provision kassiert, das aber Gebühr nennt. Und dass „Finanztip“ 2019 sogar schon rechtliche Probleme wegen Schleichwerbung bekam.

Und dann folgt ein geradezu satirischer Moment, in dem er die Unterschiede erklärt, wenn man einen Vermittler vom eigenen Geld bezahlt, einen Honorarberater vom eigenen Geld bezahlt und … äh … ein Vergleichsportal vom eigenen Geld bezahlt. Aber diese pure Comedy-Einlage muss man glatt mal gesehen haben. Der komplette Beitrag ist hier:

Dann sieht man aber auch, dass zumindest einige Informationen in der Sendung nützlich und korrekt sind. Zum Beispiel die von Ron Perduss, dass man alle fünf Jahre die Haftpflichtversicherung überprüfen sollte. Denn dort können sich die Vertragsbedingungen verbessern. Worauf Tenhagen mit Bestleistungstarifen um die Ecke biegt. Bei diesen Tarifen zahlen Versicherer Schäden immer auch dann, wenn irgendein anderer Versicherer das tun würde. Gut investiertes Geld, findet Tenhagen.

Punkt für ihn. Immerhin.

autorAutor
Andreas

Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

kommentare
Bonanza
Vor 1 Jahr

Tenhagen hat Recht. Vermittler sind wie Makler. Kassieren fürs Nichtstun.
Wenn überhaupt Versicherung dann Online. Warum nicht.
Hohe Prämien, Vertragskostruktionen und AGBs die keiner versteht und im Leistungsfall Verweigerung. Das heißt Versicherung. Sicher sind nur die Renditen der Versicherungen und ihrer Handlanger den Vermittlern.

Rainer
Vor 1 Jahr

Und wenn dann die Bude abbrennt gibt es einen Spendenaufruf, weil das arme Opfer keine Versicherung hatte. Dafür würde ich nie auch nur einen Euro spenden.

Hinterlasse eine Antwort

kommentare
Bonanza
Vor 1 Jahr

Tenhagen hat Recht. Vermittler sind wie Makler. Kassieren fürs Nichtstun.
Wenn überhaupt Versicherung dann Online. Warum nicht.
Hohe Prämien, Vertragskostruktionen und AGBs die keiner versteht und im Leistungsfall Verweigerung. Das heißt Versicherung. Sicher sind nur die Renditen der Versicherungen und ihrer Handlanger den Vermittlern.

Rainer
Vor 1 Jahr

Und wenn dann die Bude abbrennt gibt es einen Spendenaufruf, weil das arme Opfer keine Versicherung hatte. Dafür würde ich nie auch nur einen Euro spenden.

Hinterlasse eine Antwort

Pfefferminzia Logo rgb
Suche
Close this search box.
Zuletzt hinzugefügt
Wie die Zukunft der bAV aussieht
Handelsblatt Jahrestagung bAV 2024

Wie die Zukunft der bAV aussieht

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden
AfW-Vermittlerbarometer: Nachhaltigkeit

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden

Zuletzt hinzugefügt
„Ich stelle eine echte Verbindung zu meinen Kunden her“
Interview-Reihe „Auf dem Weg zum Unternehmer“

„Ich stelle eine echte Verbindung zu meinen Kunden her“

„Mein Schweinehund ist einfach ein bisschen kleiner“
Interview-Reihe „Auf dem Weg zum Unternehmer“

„Mein Schweinehund ist einfach ein bisschen kleiner“

Skip to content