- Von Peter Schmidt
- 04.10.2023 um 11:13
In Deutschland gibt es mehr als 3,4 Millionen Unternehmen. Darunter über 2,1 Millionen, die unter dem Namen eines Einzelunternehmers agieren, die Mehrzahl davon mit einer geringen Anzahl von Angestellten. Ein ähnliches Verhältnis finden wir auch bei Versicherungsmaklern. Nur eine Maklerfirma von dreien hat eine juristische Firmenkonstruktion beispielsweise als GmbH, GmbH & Co. KG oder AG.
Die Ursachen für die Einzelkämpfer in der Branche sind vielfältig. Über Jahre war die Tätigkeit des Versicherungsvermittlers eine Ventillösung für Abbrecher oder Ausweicher aus anderen Berufen und Branchen. Über eine relativ kurze Zeit konnten die Grundlagen für den Verkauf von Versicherungen erlernt werden, dazu kam ein hohes Maß an Unabhängigkeit, Selbstständigkeit und die Chancen auf ein gutes Einkommen.
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Mancher Makler, der seinen Start in die Branche in einem Finanzvertrieb oder in einer Ausschließlichkeitsorganisation eines Versicherers begann, wählte den selbstständigen und eigenen Weg, weil er die Besonderheiten des strukturierten und stark reglementierten Vertriebs nicht mehr aushielt oder für sich nicht dauerhaft passend fand. So blieb es dann Gewohnheit, dass man nur für sich selbst verantwortlich war. Dies festigte dann auch die Art des Unternehmer-Seins.
Erst kommt die Freude der Selbstverwirklichung
Zum Start in die komplette Selbstständigkeit überwiegen die Freude an der Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung die Komplexität der Anforderungen aus der Anmeldung als Gewerbetreibender, der Formalien der Pflichtmitgliedschaften und der steuerlichen Veranlagung. Vordergründiges Unternehmerziel ist das wirtschaftliche Überleben, das Erreichen eines angemessenen persönlichen Einkommens und der Wunsch nach Wachstum desselben.
Die Verflechtung von persönlichen Gewohnheiten, Verantwortung nur für sich selbst und auch ein Stück Misstrauen und Wettbewerb gegenüber anderen führt zu einer Verfestigung des Typ Einzelunternehmers, der nur schwer mit mehreren Angestellten oder einem Team von Mitarbeitern zurechtkam. Dazu kommen im Laufe der Zeit auch steuerliche Effekte, die zu bestimmten Gewohnheiten führen und in einem Satz zusammengefasst werden können: „Was ich erarbeite, das langt für mich. Und damit muss ich so gut wie keine Steuern bezahlen.“
Nachteile bei Nachfolge- und Erbschaftsregelgungen
Diese immer stärker werdende Verbindung von privaten und geschäftlichen Themen spiegelt sich dann auch in den Gewinn- und Verlustrechnungen wider, in dem man bei Analysen der Geschäftszahlen beispielsweise zur Wertbestimmung Ausgaben erkennt, die betriebswirtschaftlich als Kosten abgebildet sind, eigentlich aber dort eher nicht zuzuordnen sind. Das Motiv der Steuermilderung wird erkennbar, welches aber früher oder später zu einem Nachteil auch für einen Käufer werden kann.
Erst durch äußere Einflüsse wird manchem Einzelunternehmer klar, dass dieses Unternehmensmodell doch Nachteile hat, spätestens wenn es um eine Nachfolge- oder Erbschaftsregelung geht. Exemplarisch ein oft gehörter Satz von männlichen Maklern: „Eigentlich will ich schon, dass meine Frau etwas bekommt, wenn mir einmal etwas passiert.“
Nachteile des Einzelunternehmertums
Beim Einzelunternehmer sind Privates und Berufliches meist stärker miteinander verbunden. Was anfangs motivierend und vorteilhaft ist, kehrt sich im Laufe der Zeit aber ins Negative.
Dazu gehören bei den Versicherungs- und Finanzmaklern mehrere Bereiche, die hier nur kurz anzumerken sind:
- Komplexität der Branche macht Spezialisierung und Arbeitsteilung notwendig
- Angemessene Produktivität ist nur mit digitaler Unterstützung möglich
- Steigendes Maß an Investitionen in IT, Technik und Tools notwendig
- Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten sind eingeschränkt
- Der Inhaber haftet im Innen- und Außenverhältnis allein
- Eingeschränkte Möglichkeiten für eine optimale Nachfolgeregelung
Jeder der hier aufgeführten Punkte birgt ein Bündel an praktischen Problemen, vor denen früher oder später der Einzelunternehmer steht. Dies sei hier nur am Beispiel Produktivität-Einkommen-Investitionen geschildert. Bei jedem zweiten Versicherungsmakler soll das Einkommen unter 50.000 Euro im Jahr liegen. Davon sind Büro, Auto, Technik und Weiterbildung ebenso zu bestreiten wie der Lebensunterhalt. Damit ist klar, dass das potenzielle Volumen für Investitionen in moderne Technik begrenzt ist. Das führt aber tendenziell zu einer niedrigeren Produktivität bei der Kundenberatung – und Betreuung. Letztendlich damit auch zu einem schwachen Wert des Unternehmens beziehungsweise des Kundenbestandes selbst.
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