Vor der Vertragsunterzeichnung gilt es bei einem Bestandskauf sehr viele wichtige Fragen zu klären. © Katemangostar / Freepik.com
  • Von Peter Schmidt
  • 13.11.2023 um 12:55
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 05:30 Min

Welche Fragen vor einem Bestandskauf geklärt werden sollten und was erfahrene Bestandskäufer ihren Kollegen empfehlen, hat Unternehmensberater Peter Schmidt in seinem Gastbeitrag zusammengetragen.

Die Versuchung zum Kauf von Maklerfirmen oder Maklerbeständen wächst mit der Sicherheit von Maklern in der Mitte der 30er und 40er Lebensjahre dann, wenn man ein gewisses fachliches Fundament erreicht, und der geschaffene Kundenkreis das eigene Einkommen und das von Mitarbeitenden gut absichert. Und so ist der Mensch, Erreichtes genügt nicht, man will mehr.

Stillstand bedeutet Rückschritt. Man will weiter vorankommen. Das ist auch gut so. Deshalb empfehle ich jungen Maklern, für die wir bei der Suche nach Firmen und Beständen über den Marktplatz für Maklerbestände unterstützend aktiv werden, zunächst einige Themen zu durchdenken und gegebenenfalls mit einem Mitgesellschafter oder auch Mitarbeitenden zu besprechen. Im Ergebnis sollten Ziel und Strategie zur Expansion klar sein. Welche Aspekte sind dabei wichtig?

Kürzlich habe ich einem erfolgreichen Makler einige Punkte empfohlen, die pauschal auch für andere  nützlich sein könnten. Folgende ausgewählte Punkte sollten geprüft, geklärt oder optimiert werden:

  1. Finanzielle Ressourcen und Darlehensmöglichkeiten mit der Bank
  2. Möglichkeiten der Einbeziehung von Privatinvestoren aus dem Umfeld
  3. Möglichkeiten der Kundenübertragung und -verwaltung mit dem Maklerverwaltungsprogramm
  4. Prozess der Bestandsübertragung (Rolle Pools, Versicherer, Mitarbeitende)
  5. Beratungs- und Betreuungskonzept für neue Kunden, Kundenklassifizierung
  6. Angebot an neuen Services für Kunde, gegebenenfalls auch über Servicepauschalen
Organisation ist alles

Die Übernahme von hunderten oder tausenden Kunden kann zum Alptraum werden, wenn der Prozess der Bestandsübertragung spontan erst dann eingeleitet wird, wenn der Kaufvertrag unterschrieben ist. Es gilt vorher zu überlegen, welche Daten ich vom Verkäufer in welchem Format abfordere oder ob ich gleich über den Workflow eines Pools gehe. Pauschale Empfehlungen gibt es dazu nicht, da die Voraussetzungen bei jedem Verkauf anders sind.

Schauen wir uns zwei Beispiele an: Verkäufer A überträgt seine Bestände komplett auf die zwei Schwerpunkt-Pools, mit denen er bisher zusammengearbeitet hat. Dazu hat er sich mit Käufer A abgestimmt, dass vor dem Verkauf der Prozess der Übertragung abgeschlossen ist. Bei der Gelegenheit hat der Makler gleich noch die fehlenden Maklerverträge eingeholt und in die Datenschutzvereinbarung die Zusammenarbeit mit den beiden Pools aufgenommen. Nach dem Kauf kann der Käufer die Bestände unter der Vermittlernummer des Pools zügig auf sich übertragen. Natürlich nach Vorlage der Bestandsdaten und des Kaufvertrages.

Verkäufer C will in zwei Jahren verkaufen und hat mit Käufer D vereinbart, dass er vor Verkauf noch eine UG & Co. KG gründet, damit er so über den Weg § 613 BGB den Bestand aus der KG problemärmer an den Verkäufer übergeben kann. Käufer D übernimmt so die Firma komplett, inklusive Kunden und Verträgen. Der Weg ist nicht ganz leicht, aber leichter als von über 1.000 Kunden neue Maklerverträge einzuholen. Natürlich ist klar, dass auch bei so einem Firmenverkauf die Kunden die Möglichkeit des Widerspruchs haben, welche diese aber selten nutzen. Erst recht dann nicht, wen die Betreuung geräuschlos und gut fortgesetzt wird.

Besonders bei großen Beständen empfiehlt es sich – vor allem bei wiederholten Käufen von Beständen – einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin mit dem Thema komplett zu betrauen. Denn Bestandsübertragungen sind anspruchsvoll und brauchen viel Controlling gegenüber Pools und Versicherern. Nicht selten braucht man drei bis sechs Monate, ehe ein Bestand aus Direktvereinbarungen komplett übertragen ist. Auch deshalb kann eine Pool-Variante charmant sein.

Neue Kunden wollen betreut werden

Für eine Frage ist es nach erfolgreichem Kauf zu spät: Wer kümmert sich um die neuen Kunden? Gehen Sie als Käufer davon aus, dass Veränderungen für den Kunden immer auch Fragen mit sich bringen. Es wird nach Übertragung der Bestände sofort viele Anfragen geben, wie es denn jetzt weitergeht. Dazu kommen übliche Aufgaben wie Schadensmeldungen, KFZ-Wechsel, Nachversicherungen, Beschwerden und so weiter. Das sollte in die Kapazitätsplanung eingebunden werden. Können das die eigenen Mitarbeiter? Übernimmt man Mitarbeiter vom Verkäufer? Müssen neue eingestellt werden?

Käufer tun sich dann leicht mit dem Thema, wenn auch die technische Infrastruktur für die neuen Kunden vorliegt. 100 Prozent E-Mail-Adressen der neuen Kunden können bereits bei der Anfangsinformation zur Übernahme ebenso hilfreich sein wie Angebote für ein Kundenportal, eine Kunden-App, zusätzliche Service-Angebote und die Möglichkeit über die Webseite des Käufers auch Online-Vergleiche oder Online-Abschlüsse selbst zu machen.

Der Kauf der neuen Vertragsgrundlagen zu Kunden und Versicherern ist auch die Gelegenheit, Konzepte der Online-Beratung, der Video-Beratung oder auch von Chat-Möglichkeiten für ein effektives Kunden- und Beziehungsmanagement zu nutzen. Verträge besprechen, prüfen, gegebenenfalls neu eindecken und bestehende Verträge, die der Verkäufer nicht in seinem Portfolio hatte, gleich beim Kunden mit „einsammeln“ ist die Devise.

autorAutor
Peter

Peter Schmidt

Dr. Peter Schmidt ist seit 2013 Inhaber der Unternehmensberatung Consulting & Coaching in Berlin und als Experte für Strategie- und Prozessberatung für Versicherer, Maklerpools, Vertriebe und Makler tätig.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Pfefferminzia Logo rgb
Suche
Close this search box.
Zuletzt hinzugefügt
Wie die Zukunft der bAV aussieht
Handelsblatt Jahrestagung bAV 2024

Wie die Zukunft der bAV aussieht

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden
AfW-Vermittlerbarometer: Nachhaltigkeit

Vermittler müssen und wollen sich weiterbilden

Skip to content