DAV-Vorstandschef Maximilian Happacher: Aktuare haben schon mit dem Begriff „Fondsrente“ ein Problem © DAV
  • Von Andreas Harms
  • 12.09.2024 um 10:11
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Nach dem GDV melden sich nun mit DAV und IVS zwei Aktuar-Institutionen zur Vorsorgestudie des Fondsverbands BVI zu Wort. Die hatte ja ausgerechnet, wie lange bei einem Auszahlplan aus Investmentfonds das Geld im Alter reicht. Doch mit Annahmen und Ergebnis zeigen sich die Aktuare so gar nicht einverstanden. Und mit dem Namen auch nicht.

Eine Gruppe von Aktuaren hat sich mit der vor einigen Tagen veröffentlichten Studie des Investmentverbands BVI zu Fondsauszahlplänen auseinandergesetzt (dort auch als Fondsrente bezeichnet). Mit dem Ergebnis, dass sie sich mit ihr überhaupt nicht anfreunden können. Würde man realistische Umstände annehmen, würden „die in der Studie kleingerechneten Risiken wieder sichtbar“, lassen die Versicherungsmathematiker verlauten.

Konkret geht es um Mitarbeiter der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) und des IVS – Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung. Die BVI-Studie wiederum befasst sich mit der Frage, wie lange ein Auszahlplan aus Investmentfonds in der Rentenphase reichen würde. Kurzfassung: In 96 Prozent der Fälle würde das Geld bis zum Lebensende reichen. Mehr Details zu Studie und Annahmen lesen Sie hier.

Die Rendite

Erster Kritikpunkt der Aktuare ist die angenommene Rendite, die der BVI aus der Historie ableitet und in die Zukunft fortschreibt. Das Portfolio soll zu 70 Prozent aus Bundesanleihen und 30 Prozent aus Aktien des deutschen Leitindex Dax bestehen. Die angenommene Rendite beträgt 4,4 Prozent nach Kosten. Das ist absolut machbar – vor allem, wenn man noch internationale Aktien und Unternehmensanleihen beimischt (wie wir in unserer Podcast-Folge ausführlich diskutieren).

Doch die Aktuare finden das nicht und merken – ebenfalls zu recht – an, dass vor allem die Anleiherenditen in den vergangenen Jahrzehnten durch das stetig gefallene Renditeniveau gepimpt sind. Außerdem lagen die Renditen längerlaufender Bundesanleihen Anfang der Neunzigerjahre noch in inzwischen unvorstellbaren zweistelligen Höhen. „Solche Verhältnisse weiterer jahrzehntelanger Zinsrückgänge können und dürfen für die Zukunft nicht unterstellt werden“, schreiben die Aktuare.

Die Lebenserwartung

Der BVI orientierte sich für seine Studie an den Sterbetafeln des Statistischen Bundesamts (Destatis). Allerdings für die Jahre 2020/2022, in denen die Sterberate durch die Corona-Pandemie gestiegen und die Lebenserwartung dadurch gesunken war (zuletzt stieg sie wieder).

Das finden die Aktuare nicht in Ordnung. Die Lebenserwartung werde somit um rund zwei Jahre unterschätzt. „Tatsächlich sehen wir, dass sich die Sterblichkeiten wieder dem Vor-Corona-Niveau annähern. Und wir halten es weiterhin für geboten, von einem weiteren Anstieg der Lebenserwartung auszugehen“, sagt DAV-Vorstandschef Maximilian Happacher.

Die Rentenhöhe

Zunächst ein Lob: Der vom BVI unterstellte und jährlich um 2 Prozent wachsende Entnahmebetrag entspricht offenbar in der Tat einer lebenslangen garantierten Leibrente. So weit, so fair.

Doch auch hier wieder ein Aber: „Die Renditeannahmen sind so hoch, dass die Kapitalmarktschwankungen dem Ratenzahlungsstrom nichts anhaben können und ganz nebenbei auch noch das Risiko des vorzeitigen Kapitalverzehrs auf Erbsengrößen zusammenschrumpft“, meint Happacher. Mit realistischeren Annahmen werde das Risiko wieder zum Vorschein kommen.

Der Name „Fondsrente“

Und am Ende lehnen die Aktuare auch den Begriff „Fondsrente“ ab. Für sie ist das in der BVI-Studie unterstellte Konstrukt lediglich ein Entnahmeplan – und eben keine Rente. Denn die – und hier pochen die Aktuare einmal mehr auf ihre Spezialdisziplin – kann nur lebenslang laufen (was allerdings nicht der sprachlichen Definition des „Duden“ entspricht, denn dort taucht das Wort „lebenslang“ nicht auf).

Dann schlagen sie den Bogen zur aktuellen politischen Diskussion, in der das Endalter für Entnahmepläne ja mit 85 Jahren unterstellt wird. Dann wäre in über 50 Prozent aller Fälle das Geld zu Lebzeiten aufgebraucht. Das ist aber wiederum von der BVI-Studie ein gutes Stück weit entfernt. Denn die ging definitiv nicht von einheitlichen 85 Jahren, sondern gestaffelten Sterbedaten aus. Zum Beispiel wird dort ein Drittel der Rentner über 88 Jahre alt und 1,2 Prozent über 100. Das ist deutlich näher am echten Leben als pauschale 85 Jahre, die in der Tat eher lebensfern wirken.

Doch die Diskussion um lebenslange Rente oder nicht lebenslange Rente ist nun um einen weiteren Beitrag reicher. Aktuare fordern weiter „kollektive Systeme“, wie es Rentenversicherungen nun mal sind. Denn früher Sterbende finanzieren die später Sterbenden und gleichen sie damit aus. Das ist bei Auszahlplänen definitiv nicht der Fall. Doch Investmentfonds mögen auch sie. Denn Leibrenten können sehr wohl auch ohne Garantien und mit Investmentfonds aufgebaut und berechnet sein.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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