Matthias Stauch, Chef des Digital-Dienstleisters Intervista: „Der Druck auf die Versicherer wächst“ © Intervista
  • Von Redaktion
  • 29.04.2022 um 08:55
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Der alte Generationenkonflikt: Was jungen Menschen gefällt, schreckt ältere häufig ab. In seinem Gastbeitrag erklärt Matthias Stauch, wie man durch Digitaltechnik junge Kunden begeistert, ältere aber trotzdem behält. Stauch ist Chef des Potsdamer Digital-Dienstleisters Intervista.

Komplexe Fälle, die die Software nicht verarbeiten kann – ob nun bei rückwirkenden Tarifänderungen, komplexen Schadensmeldungen oder individuellen Anliegen – verweist das System an die Sachbearbeiter. Da diese von eintöniger Datenpflege entlastet werden, haben sie für ihre Kernaufgaben mehr Zeit, bearbeiten auch aufwändige Fälle schneller. Kunden erhalten dann auch hier schneller eine Rückmeldung – und sind zufriedener.

Zwei Hebel: junge Kunden und DSGVO

Doch nicht nur der Versicherungsbetrieb, auch das Produkt an sich muss neue gedacht werden. Denn die Zielgruppen der jungen Generationen ist einer der beiden Hebel, die Versicherer für ihr Fortbestehen bewegen müssen. Junge Kunden erreichen Versicherer nicht mehr mit Hausbesuchen, diese Gruppe möchte Verträge unkompliziert und allein abschließen und bei Bedarf auch ändern können. Voraussetzung dafür ist, dass sie das Produkt allein verstehen. Noch sind Versicherungen aber erklärungsbedürftige Produkte, die Vertragsvereinbarungen umständlich auf vielen Seiten erklärt. Junge Menschen springen da ab. Auch suchen sie im Grunde nicht gezielt nach Versicherungen, sondern erwarten mehr Service: Sie buchen übers Internet eine Reise – sofort sollte ihnen der passende Versicherungsschutz angeboten und dann eben auch umstandslos abgeschlossen werden können.

Der zweite Hebel ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Bisher haben Versicherer Daten erfasst, irgendwo abgelegt, ab und an Veränderungen eingepflegt. Was wann durch wen vorgenommen wurde, ist oftmals nicht nachvollziehbar. Durch die DSGVO muss es das nun aber. Versicherer brauchen nun eine strukturierte Datenablage mit Protokolleinheiten, die genau und transparent festhalten, welche Arbeitsschritte wann, wo und von wem gemacht wurden.

4711-Effekt: Ältere Kunden behandeln wie immer

Nun sind junge Kunden für die Zukunft der Versicherungsbranche zwar elementar, in der Gegenwart und in den nächsten Jahren spielen aber auch die weitaus älteren Bestandskunden eine wichtige Rolle. Versicherer können diese nicht dazu zwingen, digital zu werden und sollten es auch nicht. Diese Kundengruppe gilt es weiterhin so zu behandeln, wie bislang. Tarife müssen kaum angepasst werden, und wenn, dann eben doch durch Sachbearbeiter.  Man kann hier von einem 4711-Effekt sprechen: Wer das Kölnisch Wasser kauft, gehört einer älteren Generation an, die gar nichts Neues mehr ausprobieren möchte. Die neuen Zielgruppen aber sollten mit ihrer Erwartungshaltung deswegen nicht zurückstecken müssen.

Fazit

Um neue, junge Zielgruppen zu erreichen und den Anschluss an die Konkurrenz nicht zu verlieren, müssen Versicherungen ihre Vertriebswege und Produkte überdenken und sich digital aufstellen. Auf klassischem Wege – mit persönlicher Ansprache durch einen Sachbearbeiter – verprellen Versicherer die Kunden, die ihre Zukunft bedeuten. Die Digitalisierung von jetzt auf gleich auf alle Kunden auszurollen ist dennoch wenig sinnvoll: Junge und ältere Zielgruppen müssen auf verschiedenen Wegen bedient werden.

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