Experten im virtuellen Roundtable (von rechts oben im Uhrzeigersinn): Christian Buschkotte, andsafe; Jan Roß, Zurich; Nico Locker, Inter; MarKo Petersohn (OMGV); Michael Krüger (OMGV, nicht im Bild). © Pfefferminzia
  • Von Lorenz Klein
  • 27.05.2020 um 15:58
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lesedauer Lesedauer: ca. 09:45 Min

Wie ist es um die digitale Fitness von Versicherungsmaklern bestellt, damit sie ihre Kunden auch morgen noch mit einem Top-Beratungsservice erreichen können? Da geht noch was in Sachen Social Media, meint unsere fünfköpfige Expertenrunde. Denn auch so eine Frage kann plötzlich aufploppen: „Ich habe was in eurem Video gesehen. Wo finde ich denn die Klausel in meinem Vertrag, von der du gesprochen hast?“

Nico Locker: Das Thema Sichtbarkeit im Netz wurde von einigen Vermittlern lange vernachlässigt. Das holt sie jetzt ein. Wir haben zu Beginn der Corona-Pandemie eine Kampagne gestartet, die da schnell Abhilfe schaffen sollte. Das „Homeoffice-Paket“ hilft Maklern beispielsweise dabei, eine professionelle Homepage zu haben oder regelmäßig einen Newsletter verschicken zu können. Ich war selbst sehr überrascht, im Zuge der Rückmeldungen zu erfahren, wie viele Makler bislang gar keine richtige Website haben. Von daher glaube ich nicht, dass wir es von heute auf morgen erleben werden, dass Zielgruppenmakler im Internet wie die Pilze aus dem Boden sprießen werden. Hier stehen wir nach wie vor noch am Anfang.

Jan Roß: Wer ist eigentlich meine Kundenzielgruppe, um wen handelt es sich da? Anhand dieser Grundfrage kann jeder Makler bemessen, ob er eher nur einen kleinen Schaukasten auf der Website benötigt, damit Kunden zum Beispiel schnell auf seine Telefonnummer zugreifen können. Oder ist er eher derjenige, der auf der Website auch Interaktion stattfinden lassen will und zulassen sollte, weil seine Zielgruppe so tickt? Es kann jedenfalls nicht das Ziel sein, dass alle unisono mittels eines Homepage-Baukastens einen Service mit irgendeinem Vergleichsrechner aufbauen. Das kann ja nicht das wahre Maklertum sein. Also ich möchte daran appellieren, die eigenen Geschäftsmodelle wirklich auf den Prüfstand zu stellen und sich zu fragen, in welcher Richtung bin ich da eigentlich unterwegs?

Da stellt sich die Frage, wie spitz diese Zielgruppe denn sein muss, Herr Buschkotte. Sie haben ja eine relative spitze Zielgruppe, macht es das leichter?

Christian Buschkotte: Überall dort, wo es nur um konkrete Bedarfsdeckung geht – zum Beispiel ich suche nach meiner Jeans-Größe 34, Länge 32, Marke XY – da bekomme ich im Netz in Echtzeit eine weitestgehende Markttransparenz mit schneller, bequemer Lieferung. Und das ist bei Versicherungen nicht wirklich anders. Natürlich, wenn ich eine komplexe individuelle Situation habe, dann brauche ich die Empathie meines Vertriebspartners und ich möchte diese dann auch in Anspruch nehmen können. Aber bei Standardthemen, die bereits heute  simpel, transparent und  nachvollziehbar im Netz vorhanden sind, wird zukünftig nur noch ein Teil der Kunden persönlich, rein offline, vor Ort erreicht werden können.

Das heißt nicht, dass hier der Vertriebspartner keine Rolle spielt, er muss sich nur auf die vom Kunden gewünschte Interaktion einstellen. Bezogen auf unsere Zielgruppe –  Kleinstgewerbe und Gründer – handelt es sich um ein Segment, was sich im Wesentlichen ebenfalls mit transparenten und leistungsstarken Angeboten so standardisieren und simplifizieren lässt wie bereits das Privatkundengeschäft. Damit versuchen wir genau dem Bedarf von Plattformen, aber auch von Vertriebspartnern Rechnung zu tragen, denn die Zeit und die Beratungsressourcen sind heute unsere limitierenden Faktoren. Um Beratungszeit für wirklich relevante Geschäftsvorgänge zu haben, bedarf es Strukturen und Prozesse für Standardvorgänge, die automatisiert oder aber schnell, einfach und unkompliziert sind. Und ja, es ist dann viel, viel einfacher mit einem klaren Zielgruppenfokus wie dem unsrigen zu agieren und den Vertriebspartner und Kunden auf die spezifische Anforderung hin optimal zu bedienen.

Herr Krüger, können Sie vielleicht nochmal skizzieren, wie Ihr Baukasten aussieht an der Stelle, wie gehen Sie vor bei der Clusterung Ihrer Kunden?

Michael Krüger: Wir haben uns bereits in den 1990er Jahren auf die metallverarbeitenden Industriebetriebe gestürzt, weil wir gesagt haben, das ist statistisch betrachtet ein gutes Konto: hohe Prämien und wenig Schäden. Das war damals so unsere Denke. Und das haben wir natürlich forciert und das habe ich auch seit 2010 in den Online-Markt übertragen – über geschaltete Werbeanzeigen, Education-Videos, in dem es insbesondere um Maßnahmen zur Schadenverhütung ging. Und ich bin bis heute online sehr präsent in dieser Zielgruppe.

Die Frage ist natürlich immer: Wo habe ich meine Expertise – und auch das gehört dazu: Wo kann ich Geld verdienen? Aber im Berufsunfähigkeitsmarkt etwa, ist es doch so: Um gegen die Gesellschaften, die Werbung bei Google-Adwords schalten, anzukommen, muss ich als Vermittler schon verdammt hohe Klickkosten aufwenden. Das ist in meinen Augen kein Zukunftsmodell. Eine Zielgruppe finden und mit ihr im Netz kommunizieren, das ist der erste Schritt, den ein Vermittler machen sollte. Und ob er jetzt seine Zielgruppe auf Linkedin, Xing oder Facebook findet, ist sekundär.

Aber auch diese wichtige Frage stellt sich: Habe ich denn auch die Leute im Innendienst, die, wenn ich mal nicht erreichbar bin, Rede und Antwort stehen können? Dann kommen nämlich auch schnell mal Fragen rein, wie: „Ich habe was in eurem Video gesehen. Wo finde ich denn die Klausel in meinem Vertrag, von der du gesprochen hast?“ Und da sehe ich ein großes Problem bei vielen Vermittlern, die einfach stromlinienförmig unterwegs sind. Da gebe ich auch den Gesellschaften eine große Mitschuld, denn die haben immer auf diese stromlinienförmige Vermittlerschaft gesetzt und das ist das Ergebnis.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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