- Von Lorenz Klein
- 19.06.2020 um 15:50
„SPD-Finanzminister Olaf Scholz, das Finanzministerium und die Bafin bekommen so auch die Chance, aktuell noch einmal zu sortieren, wo sie die Prioritäten am Finanzmarkt setzen sollten“, kommentiert Vermittlerlobbyist Wirth die ungeplante Nicht-Abstimmung im Bundestag. „Corona und seine Folgen sind das eine. Aber der Fall Wirecard scheint sich gerade auch zu einem Super-GAU für die Bafin zu entwickeln“, fährt Wirth fort.
Und dann geht der hauptberufliche Anwalt nochmal mit Rumms ins Detail:
„Noch vor einem halben Jahr hat die Bafin ein historisches Leerverkaufsverbot ausgesprochen und Strafanzeige gegen Financial-Times-Journalisten gestellt, die investigativ und kritisch berichtet hatten – jetzt der GAU, der sich möglicherweise einmal mehr als ein Totalversagen der Bafin bei schon bestehenden Aufsichtsaufgaben herausstellen wird. Das sollte aufgearbeitet und Strukturen und Arbeitsweisen der Bafin hinterfragt werden, anstatt für viele Millionen Euro dort neue, unnötige Strukturen für die 34f-Vermittler zu schaffen.“
Mit seiner Kritik an der Bafin steht Wirth nicht allein da. So gibt etwa die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Montagsausgabe vom 22. Juni zu bedenken: „Wie schon bei Volkswagen wirft auch der Fall Wirecard grundsätzliche Fragen zur Kontrolle auf. Warum haben Aufsichtsrat, Compliance-Experten und Rechnungsprüfer nicht ihre Arbeit gemacht? Warum ließ die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht kritische FT-Reporter verfolgen, bevor sie den Vorstand von Wirecard in den Blick nahm?“
Die Verteidigungslinien im „Team Vermittler“ sind also deutlich gezogen. Reicht das aus? In jedem Fall wird es zeitlich eng, wenn das geänderte Aufsichtsregime wie geplant zum 1. Januar 2021 starten soll. Denn am 4. Juli beginnt die parlamentarische Sommerpause – und eine Nachspielzeit ist nicht vorgesehen. Und sollte es erst im Herbst zu einer Einigung kommen, bliebe allen Beteiligten – sei es den Aufsehenden bei der Bafin als auch den zu beaufsichtigenden Vermittlern – kaum genügend Zeit, um sich auf den Wandel einzustellen. Wer jetzt aber in jedem Fall auf Zeitspiel setzen wird, sind die Vermittlerverbände. Ob sich das auszahlt, wird sich noch erweisen.
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