- Von Lorenz Klein
- 19.10.2021 um 15:32
Was war geschehen?
Das als Versicherungsmakler registrierte Vergleichsportal Verivox hat in seinem Online-Vergleich von Privathaftpflichtversicherungen ausschließlich Tarife von Versicherern zum Abschluss angeboten, mit denen der Online-Makler eine Provisionsvereinbarung eingegangen war.
Dies hat zur Folge, dass nur 49 von 90 Anbietern entsprechender Tarife (54 Prozent), die bei der Finanzaufsicht Bafin gelistet sind, im Vergleich berücksichtigt werden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) moniert, dass Verivox sogar nur 48 Prozent des Marktes, nämlich bezogen auf die Vertragszahlen/Bestände, berücksichtige. Viele große Versicherer „wie Allianz, Huk-Coburg, Continentale, WWK und Württembergische“ fehlten dagegen.
Verivox muss auf eingeschränkte Marktauswahl hinweisen
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Nach Ansicht des VZBV sei für Verbraucher kaum erkennbar, „dass die Verivox-Empfehlungen auf einer derart eingeschränkten Marktauswahl beruhten“, so der Vorwurf. Die Internetseiten enthielten zwar eine Liste, in der neben den teilnehmenden Versicherern auch nicht teilnehmende Gesellschaften aufgeführt waren. Doch diese Liste sei „hinter einem unscheinbaren Link mit dem Titel ,Teilnehmende Gesellschaften’ versteckt. Sie erhielt auch keinen Hinweis auf den Marktanteil der nicht berücksichtigten Gesellschaften“.
Der VZBV zieht vor das Landgericht Heidelberg. Das Gericht entscheidet in seinem Urteil vom 6. März 2020 (Aktenzeichen: 6 O 7/19), dass Verivox Nachbesserungen an seinem Vergleich vornehmen muss. Der Makler geht daraufhin in Berufung.
Das Urteil
In seinem Urteil vom 22. September 2021 (Aktenzeichen: 6 U 82/20) bestätigt das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) das Urteil der Vorinstanz. Es folgt damit der Auffassung der Verbraucherschützer, wonach Verivox gegen die Informationspflichten nach dem Versicherungsvertragsgesetz verstieß.
Konkret heißt es dazu im Urteil:
„Der Versicherungsmakler schuldet bei seinem im Rahmen eines Online-Versicherungsvergleich erteilten Rat nach Paragraf 60 Absatz 1 Satz 1 VVG grundsätzlich die Einbeziehung auch von Konditionen solcher Versicherer, die in diesem Online-Versicherungsvergleich nicht genannt werden möchten oder nicht bereit sind, ein von diesem Versicherungsmakler unterbreitetes Angebot auf Abschluss eines Versicherungsvertrags anzunehmen, es sei denn der Versicherungsmakler erteilt im Einzelfall vor Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers einen Hinweis nach Paragraf 60 Absatz 1 Satz 2 VVG.“
Heißt: Der Versicherungsmakler darf – wohlgemerkt im Einzelfall – auf seine eingeschränkte Versicherer- und Tarifauswahl hinweisen. Doch dieser Hinweis wurde in den Augen der Verbraucherschützer von Verivox schlampig umgesetzt – und die Richter sahen dies, sehr zur Freude des VZBV, offenbar genauso: „Die nur über den Link mit dem Titel ,Teilnehmende Gesellschaften‘ erreichbare Liste mit den teilnehmenden und nicht teilnehmenden Gesellschaften reicht nach Überzeugung des Gerichts nicht aus“, teilte der VZBV am Montag mit. Die Bezeichnung des Links gebe demnach „keinen Anlass, dahinter nähere Angaben über eine eingeschränkte Marktauswahl zu vermuten“.
Das Gericht selbst drückt es so aus:
„Ein Hyperlink begründet dann keinen Paragraf 60 Absatz 1 Satz 2 VVG genügenden ausdrücklichen Hinweis auf die eingeschränkte Beratungsgrundlage, wenn er nicht so gestaltet ist, dass der Kunde hinreichend klar darüber informiert wird, die so verlinkte Seite werde ihn auf eine im Sinn von Paragraf 60 Abs. 1 VVG beschränkte Beratungsgrundlage hinweisen.“
Anders gesagt: Versicherungsmakler sind dazu verpflichtet, ihrer Empfehlung eine hinreichende Zahl von Versicherern und auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen zu Grunde zu legen – weichen sei von diesem Grundsatz ab, müssen sie nicht nur auf die eingeschränkte Auswahl hinweisen, sondern zusätzlich mitteilen, auf welcher Markt- und Informationsgrundlage sie ihre Leistung erbringen. Hier sahen die Richter im Fall von Verivox also noch Defizite.
Was Verivox Pfefferminzia mitteilte
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Verivox verteidigt sein Vorgehen – und behält sich vor, in die nächste Instanz zu gehen. Gegenüber Pfefferminzia teilte ein Sprecher mit:
„Die Entscheidung bildet die offene Diskussion vor Gericht nur unzureichend ab. Das Oberlandesgericht hat deshalb die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, was nur selten geschieht. Wir werden die Urteilsbegründung nun sorgfältig prüfen und dann entscheiden, ob wir ein Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof anstrengen. Diese Entscheidung werden wir sehr zeitnah treffen. Aus unserer Sicht halten wir die versicherungsrechtliche Vorgabe zur Beratungsgrundlage ein.“
In einem vergleichbaren Fall hatte das Landgericht Frankfurt am Main bereits im Mai 2021 einer Klage des VZBV gegen das ebenfalls als Makler registrierte Vergleichsportal Check24 in Bezug für Sachversicherungen stattgegeben.
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