- Von Hannah Dudeck
- 15.06.2020 um 13:39
Was war geschehen?
Ein achtjähriges Mädchen fuhr am Gardasee an der Uferpromenade Fahrrad. Ihre Eltern folgten ihr. Sie schoben ihre Fahrräder. Während der Fahrt drehte sich das Mädchen länger zu ihren Eltern um. Dadurch bemerkte sie nicht, dass sie von der Fahrspur abkam und auf zwei Frauen zusteuerte. Die Eltern versuchten noch, ihre Tochter zu warnen. Zu einem Zusammenstoß kam es zwar nicht, aber bei dem Versuch, dem Mädchen auszuweichen, kam eine der Frauen ins Straucheln und stürzte von der Uferpromenade auf einen Betonsteg und von dort aus ins Hafenbecken. Die Frau brach sich bei dem Sturz das Sprunggelenk und zog sich weitere Verletzungen zu. Zwei Operationen folgten.
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Vor Gericht machte die Frau Schäden in Höhe von mehr als 3.000 Euro geltend, unter anderem für die Erstbehandlung im italienischen Krankenhaus, Medikamente, Fahrten zu Kliniken und Ärzten und ihr Mobiltelefon, das bei dem Sturz zerstört wurde, sowie Stornokosten für einen Urlaub, den sie direkt im Abschluss antreten wollte. Zudem verlangte sie 10.000 Euro Schmerzensgeld, da ihre Verletzungen die Gefahr einer vorzeitigen Arthrose bedeuteten. Die Eltern, so das Argument, müssten haften, da sie ihre Aufsichtspflicht verletzt hätten.
Das Urteil
Der Unfall geschah zwar in Italien, da aber sowohl das Mädchen und seine Familie als auch die Klägerin aus Deutschland stammen, war in diesem Fall deutsches Recht anwendbar. Vor dem Landgericht Hannover scheiterte die Klägerin zunächst. Zur Begründung hieß es, es sei nicht erwiesen, dass das Fehlverhalten des Mädchens zu dem Sturz geführt habe. Die Frau ging in Berufung und bekam vor dem Oberlandesgericht Celle teilweise Recht (Aktenzeichen 14 U 69/19). So sprachen die Richter ihr Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von knapp 7.500 Euro zu.
Das Mädchen hafte dabei für die der Frau entstandenen Schäden. Minderjährige seien „für die Schäden, die sie einem anderen zufügen, nur dann nicht verantwortlich, wenn sie bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht haben“, heißt es in der Urteilsbegründung. Es könne davon ausgegangen werden, dass dem Mädchen, das seit seinem fünften Lebensjahr Fahrrad fährt, bewusst war, dass es während der Fahrt nach vorne schauen müsse. Dass das Kind die Frau nicht berührt habe, sei nicht relevant, urteilten die Richter. Denn der Sturz sei dennoch auf das Fehlverhalten des Mädchens zurückzuführen.
Die Eltern hätten ihre Aufsichtspflicht hingegen nicht verletzt. Sie hätten Sicht- und Rufkontakt zu ihrer Tochter gehalten und das Mädchen sei darüber hinaus mit den Verkehrsregeln vertraut gewesen. Der befahrene Weg war ausreichend breit, motorisierter Verkehr nicht zu erwarten. Unter diesen Umständen sei die Entscheidung der Eltern, ihre Tochter mit dem Fahrrad vorfahren zu lassen, nicht zu beanstanden.
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