Bernward Maasjost ist Geschäftsführer des Maklerpools PMA in Münster. © PMA
  • Von Redaktion
  • 09.03.2021 um 10:36
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Seit dem 10. März gelten auch für Finanzberater die neuen Nachhaltigkeitsregularien – doch was genau heißt das für die Praxis? „Wie Vermittler und Makler an belastbare Informationen gelangen sollen, ist noch völlig unklar“, kritisiert Bernward Maasjost, Geschäftsführer des Maklerpools PMA, in seinem Gastbeitrag. Ist die neue Verordnung womöglich ein Messer ohne Klinge, dem der Griff fehlt?

Es ist mit Sicherheit gut, dass die Europäische Union den Kontinent zum Musterschüler in Sachen Klimaschutz machen will. Und da in unserem Wertesystem Gewinnstreben oben auf der Liste steht, ist es wohl richtig, dass Brüssel den Finanzsektor in die Pflicht nimmt. Dieses ambitionierte Regulierungsprojekt gilt ab dem 10. März 2021. So geht es auch um die Pflicht, in der Anlageberatung die „Nachhaltigkeitspräferenzen“ der Kunden abzufragen.

Grundlage ist das EU-Papier vom 6. Dezember 2019, welches die Finanzberater dazu verpflichtet, Strategien zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken zu kommunizieren und für die Transparenz von Nachhaltigkeitsaspekten bei Anlageprodukten zu sorgen.

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Die gesetzliche Aufgabenstellung ist klar formuliert. Doch erneut wird in der gesetzlichen Regulierungswut nicht festgelegt, wie dieses Vorhaben in der Praxis umgesetzt werden soll. Der Berater muss nun nicht nur die Präferenz zu Produkten abfragen, er muss künftig auch über die Nachhaltigkeitsfaktoren der Produkte berichten. Konkret bedeutet das: Finanzmarktteilnehmer, von Banken über Vermögensverwalter und Finanzvertriebe bis hin zu Versicherungsvermittlern, sind ab dem 10. März 2021 dazu verpflichtet, den Verbrauchern Informationen über die Auswirkungen von möglichen Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren zugänglich zu machen.

Diese Informationspflicht gilt insbesondere bezogen auf ökologisch nachhaltige Investitionen und solche Finanzprodukte, die mit dem Hinweis auf ökologische Merkmale beworben wer- den (Artikel 5 und 6 Verordnung (EU) 2020/852). Wie Vermittler und Makler an belastbare Informationen gelangen sollen, ist noch völlig unklar. Wer kann über- schauen, was in einem Fonds tatsächlich enthalten ist? Kinderarbeit? Kriegswaffengeschäfte? Kohleförderung? Darf sich der Makler allein auf die Angaben des Fondsanbieters verlassen?

Und jetzt?

Es fehlen sowohl die technischen Regulierungsstandards, die Details zur Umsetzung enthalten, als auch eine Anpassung der Delegierten-Verordnung (EU) 2017/2359 zum Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten. Diese werden erst im kommenden Jahr kommen. Und jetzt? Ich meine, wir sollten uns in der Branche nicht davon abhalten lassen, uns mit der Offenlegungsverordnung zu befassen und erste Entscheidungen zu treffen.

Wir müssen die kommenden Monate als Übergangsphase betrachten und gleichzeitig den Druck auf Anlageanbieter erhöhen, die Produkte transparent darzulegen. Aktuell ist es noch sehr schwer, unseren Maklern Unterstützung anzubieten, da viele Details der Verordnung noch im Ungenauen liegen.

Derzeit hilft nur Pragmatismus

Im Markt formieren sich aktuell Anbieter, die den Anforderungen Struktur geben möchten, wenn sie genauer wissen, was von der Legislative als Ergebnis erwartet wird. Einzelne Anbieter ermitteln bereits Nachhaltigkeitsbewertungen bei Versicherungen und bald auch bei Banken.

Wir betrachten die aktuelle Situation pragmatisch aus der Perspektive des Poolanbieters. Die Finanzdienstleister werden auf die Informationen zurückgreifen müssen, die von der Restwirtschaft geliefert und von den Produktgebern wie Banken, Versicherungs- oder Kapitalanlagegesellschaften sowie Pools – und für die Antragsstrecken auch von den Produktvergleichern und Ratingagenturen – zusammengetragen werden können. Für den einzelnen Makler bedeutet das aktuell, nach „Treu und Glauben“ zu handeln.

 Mittelfristig müssen wir unseren Maklern Orientierung und Unterstützung geben. Ich finde es richtig, dies ins Portfolio der Finanzdienstleistung aufzunehmen. Doch damit kommen neue und zusätzliche Aufgaben auf die Berater zu. Ich kritisiere jedoch, dass diese Aufgaben mangels klarer Regelungen aktuell kaum zu lösen sind.

Es ist ein ‚übersichtliches‘ Chaos

Derzeit herrschen Orientierungs- und Planlosigkeit in der Praxis vor. Die Produktgeber stellen noch nicht ausreichende Informationen zur Verfügung – denn keiner weiß wirklich, was gefragt ist. Es ist ein ‚übersichtliches‘ Chaos. Was beim Kunden ankommt: Kopfschütteln und Durcheinander.

Als PMA haben wir die Vielschichtigkeit und die großen Herausforderungen der neuen Richtlinien frühzeitig erkannt. Darum sind wir Gründungsmitglied des „Arbeitskreis Finanzvermittlung und Nachhaltigkeitsfaktoren“. Unser Ziel ist es, eine branchenübergreifende DIN-Norm zu erarbeiten, die Aussagen über Nachhaltigkeitsfaktoren vergleichbar machen soll.

Durch unsere Initiative werden wir einen Standard definieren, der dem Berater einen Überblick ermöglicht und hilft, Transparenz herbeizuführen, um so eine Basis für eine angemessene Beratung unter diesen gesetzlichen Regelungen zu schaffen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg…

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