- Von Manila Klafack
- 23.09.2020 um 17:32
Pfefferminzia: Welche Pflichten in Sachen Beratung bestehen für einen Versicherungsmakler ganz allgemein?
Jens Reichow: Einen Versicherungsmakler treffen viele verschiedene Pflichten. Besonders wichtig ist die gesetzliche Beratungs- und Dokumentationspflicht, aber auch die Pflicht, den gewünschten Versicherungsschutz zu vermitteln. Hinzu kommt die Vertragsverwaltung und die Unterstützung der Kunden im Schadenfall.
Worin unterscheiden sich diese Beratungspflichten bei privaten und bei gewerblichen Kunden?
Die Paragrafen 59 folgende im Versicherungsvertragsgesetz, kurz VVG, regeln die Beratungspflichten. Dort wird nicht zwischen privaten und gewerblichen Kunden unterschieden. Allerdings bestehen dennoch teils erhebliche Unterschiede, nämlich im Absicherungsbedarf von gewerblichen gegenüber privaten Kunden. Dem muss die Beratungsintensität selbstverständlich Rechnung tragen. Auch sollten Versicherungsmakler darauf achten, ob der Gewerbekunde aufgrund seiner Unternehmensgröße gegebenenfalls als Großrisiko gilt. Wenn dem so ist, kann er weitere Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung nutzen.
Wo liegen die größten Risiken für Makler in der Beratung von Unternehmen und Unternehmern?
Die größten Risiken für Versicherungsmakler bestehen sicherlich darin, dass versicherbare Risiken unversichert bleiben.
Wie kann dieser Fall vermieden werden?
Wichtig ist aus Maklersicht eine fundierte Bedarfsanalyse. Allerdings wünschen einige Kunden nicht immer die Absicherung sämtlicher Risiken. Hier ist es dann wichtig, dass der Versicherungsmakler den genauen Auftragsgegenstand im Rahmen eines Spartenmaklervertrages und der Dokumentation genau festlegt.
Gibt es Urteile hinsichtlich der Beratungspflichten aus den vergangenen Jahren, die Makler und Vermittler kennen sollten?
Ja, immer wieder gibt es dazu wissenswerte Entscheidungen. Bedeutend war zum Beispiel ein Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg vom April 2019, Aktenzeichen 6 U 95/17. Dort entschieden die Richter, dass auch nahe Angehörige des Kunden gegen den Versicherungsmakler Schadensersatzansprüche geltend machen können.
Und welche weiteren richterlichen Entscheidungen sollte ein Makler oder Vermittler noch kennen?
Nicht immer sehen die Gerichte eine Haftung des Vermittlers. So grenzte das Oberlandesgericht Hamm beispielsweise die Objektprüfungspflicht von Versicherungsmaklern in einer Entscheidung aus dem Juni 2018 (Aktenzeichen 20 U 16/18) deutlich ein.
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Können Sie noch ein Beispiel aus Ihrer eigenen Praxis nennen, bei dem ein Makler mit einem blauen Auge davongekommen ist, obwohl er seinen Pflichten nicht vollumfänglich nachgekommen ist?
Ein gutes Bespiel hierfür ist ein von meiner Kollegin Riccarda-Katharina Graul betreutes Verfahren. Dort ging es darum, dass die Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit der Vermittlung einer Rürup-Rente verletzt worden sein sollten. Der Fall war für den Vermittler gerade deswegen problematisch, weil er hier keine Beratungsdokumentation vorlegen konnte. Dennoch gelang es meiner Kollegin, den Fall zu gewinnen. Der Versicherungsnehmer musste in der mündlichen Verhandlung nach eingehender Befragung einräumen, zuvor von seinem Steuerberater den Rat erhalten zu haben, sich um seine Rente zu kümmern. Eine Rürup-Rente sei dafür sehr gut geeignet, lautete der Rat des Steuerberaters. Aus Sicht des Gerichts schied daher eine Aufklärungspflichtverletzung des Vermittlers aus.
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