- Von Andreas Harms
- 28.04.2023 um 13:24
Es ist ein bemerkenswerter Schritt, den die EU-Kommissarin Mairead McGuinness gegangen ist. Vielleicht ist sie im Trommelfeuer der Finanzlobby eingeknickt. Vielleicht hat sie aber auch ein paar Argumente gelten lassen und ihre eigene Meinung geändert. Was von Stärke und einer gewissen geistigen Beweglichkeit zeugen würde. Aber warum auch immer – eigenen Aussagen zufolge will sie nun doch darauf verzichten, Provisionen im Geschäft mit Anlage- und Versicherungsprodukten EU-weit zu verbieten. Ein nicht nur ein bemerkenswerter, sondern auch richtiger Schritt.
Denn das Provisionsverbot wäre der falsche Ansatz gewesen. Lassen wir an dieser Stelle einmal das latente Genörgel von Interessengruppen und Lobbyverbänden außen vor. Die müssen natürlich schimpfen und argumentieren, denn das ist ihre Aufgabe. Und die Gegner aus dem Honorarlager müssen gegenhalten – auch klar (Wobei sogar der eine oder andere aus dem Honorarlager zog jüngst gegen ein Provisionsverbot zu Felde zog). Ich teile nicht alle dystopischen Szenarien, die sich die Parteien und Lobbys gegenseitig an die Wände gemalt haben. Und ich halte auch nicht viel von Panikmache.
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Stattdessen versuche ich, mich einfach auf den gesunden Menschen-, Mathematik- und Wirtschaftsverstand zu berufen. Warum zum Beispiel beschwert sich niemand über Provisionen … Entschuldigung … Courtagen im Autohandel und Immobiliengeschäft? Als wir vor knapp 13 Jahren ein Haus kauften, hätten wir unseren Makler sehr gern nach einem Stundensatz bezahlt. Denn der hatte sich wahrlich nicht verausgabt. Stattdessen mussten wir 6,5 Prozent auf den Kaufpreis abdrücken. Das war ein fünfstelliger Betrag für ein bisschen Arbeit.
Was ist mit Provisionen im Autohandel?
Im Autohandel fließen Provisionen für losgeschlagene Vehikel. Je teurer, desto höher, logisch. Bekommt also jeder Kunde genau das Auto, das zu ihm passt? Nun ja, ich habe da meine ganz leisen Zweifel. Sollten wir also in beiden Branchen Provisionen verbieten? Na, dann mal los!
Natürlich ist es überhaupt nicht in Ordnung, wenn Finanz- und Versicherungsberater Produkte danach empfehlen, wie viel Provision sie bekommen. Mochte ich übrigens schon vor über 20 Jahren nicht, wenn mein Chef in der Bank das machte. (Und das floss noch nicht mal in seine eigene Tasche). Solche Berater gibt es auch heute noch – in allen Branchen –, machen wir uns nichts vor. Überall, wo es Dienstleistungen gibt, kann man auch prächtig rasiert werden.
Doch ein Verbot behebt diesen Mangel nicht. Immer wenn etwas verboten oder zu hart reguliert wird, entsteht ein Schwarzmarkt (siehe Alkohol in der Prohibitionszeit oder Planwirtschaft in der DDR). Und dieser Schwarzmarkt könnte das Influencertum im Internet werden, ober vielmehr: das Finfluencertum. Wer sich Honorare nicht leisten kann und Pech hat, lauscht also halbseidenen (produktgesponserten) Lautsprechern im Netz. Ist ja kostenlos. Und wer glaubt, dass die immer objektiv empfehlen, der hält auch Bibi für eine seriöse Kundenbetreuerin.
Fixkostendegression gilt auch für Honorare
Stattdessen muss es sich für Berater lohnen, auch Kunden mit niedrigen Anlage- und Sparbeträgen zu betreuen. Und das geht nun mal nicht gegen ein paar hundert Euro Honorar.
In der Betriebswirtschaftslehre gibt es die Erkenntnis der Fixkostendegression: Stehen bestimmte Kosten fest (Miete, Gehälter), muss die produzierte Stückzahl steigen, damit sie relativ dazu sinken. So ist es auch mit dem Honorar: Die Anlage- und Sparbeträge müssen steigen, damit das Honorar relativ dazu schrumpft – und sich alles am Ende lohnt. Geht das aber nicht (weil Geld nix da), muss ein anderes Modell her, nämlich eins ohne Fixkosten. Und das ist die Provision, die sich am Betrag bemisst und über die Laufzeit verteilt wird – und damit bezahlbar ist. Nur muss sie im Vorfeld BEKANNT sein, das ist Voraussetzung für ein sauberes Geschäft.
Also: Runter mit den Hosen, und Wahlrechte einräumen! Kunden müssen zwischen Provisions- und Honorarberatern aussuchen können. Und sie müssen wissen, WAS sie WO zahlen. Dass eine gewisse Finanzbildung dann hilft, das zu bewerten, sollte klar sein. Aber das ist noch mal eine ganz andere Baustelle.
Insofern ist es absolut legitim, wenn McGuinness mehr Transparenz, bessere Preis-Leistungs-Verhältnisse, aufgeschlüsselte Kosten und mehr Kontrolle durch die Aufsicht fordert. Es ist genau der richtige Weg. Unter uns: Ich hätte mir damals in der Bank gern mal so eine richtige Kontrolle gewünscht.
Provisionen pauschal zu verbieten, war und ist es hingegen nicht.
Michael Schmid
Vor 2 JahrenLeider hat Hr. Harms einen ganz gravierenden Mangel nicht berücksichtigt, nämlich die sog, Stornohaftung. D.h. die Versicherungsvermittler arbeiten eigentlich auf Darlehensbasis. Sein Beispiel Immobilienmakler zeigt das hervorragend, denn dieser haftet nicht dafür, wenn das Haus von Hr. Harms abbrennt, zwangsversteigert wird etc. In keinem Fall muß er seine Provision zurückbezahlen (Die Definition des Begriffes Provision kann jeder nachlesen). Wenn ich eine KFZ Versicherung, mit großem Beratungsbedarf, vermittle und der Kunde sein KFZ, aus welchem Grunde auch immer, nach einem halben Jahr abmeldet (muß z.B. wg. Totalschaden) dann hafte ich gegenüber der Versicherung, obwohl meine Arbeit getan ist und der Kunde gut beraten wurde. Die Versicherung wird von mir die hälftige Jahres”provision” zurückfordern, obwohl meine Arbeit getan ist. Es ist den Versicherern wunderbar gelungen, das Unternehmerische Risiko vollständig auf die Vermittler abzuwälzen, mit sogenannten Stornohaftungszeiten von bis zu 8 Jahren. Welcher andere Beruufsstand wird so in Haftung genommen?
Ich wiederhole mich gerne, wir arbeiten nicht auf Provisionsbasis, sondern auf Darlehensbasis und hängen am Tropf der Gesellschaften, die teilweise machen was sie wollen.
Leider kümmern sich die Verbände der Vermittlerschaft in keinster Weise um dies Problematik.
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kommentierenMichael Schmid
Vor 2 JahrenLeider hat Hr. Harms einen ganz gravierenden Mangel nicht berücksichtigt, nämlich die sog, Stornohaftung. D.h. die Versicherungsvermittler arbeiten eigentlich auf Darlehensbasis. Sein Beispiel Immobilienmakler zeigt das hervorragend, denn dieser haftet nicht dafür, wenn das Haus von Hr. Harms abbrennt, zwangsversteigert wird etc. In keinem Fall muß er seine Provision zurückbezahlen (Die Definition des Begriffes Provision kann jeder nachlesen). Wenn ich eine KFZ Versicherung, mit großem Beratungsbedarf, vermittle und der Kunde sein KFZ, aus welchem Grunde auch immer, nach einem halben Jahr abmeldet (muß z.B. wg. Totalschaden) dann hafte ich gegenüber der Versicherung, obwohl meine Arbeit getan ist und der Kunde gut beraten wurde. Die Versicherung wird von mir die hälftige Jahres”provision” zurückfordern, obwohl meine Arbeit getan ist. Es ist den Versicherern wunderbar gelungen, das Unternehmerische Risiko vollständig auf die Vermittler abzuwälzen, mit sogenannten Stornohaftungszeiten von bis zu 8 Jahren. Welcher andere Beruufsstand wird so in Haftung genommen?
Ich wiederhole mich gerne, wir arbeiten nicht auf Provisionsbasis, sondern auf Darlehensbasis und hängen am Tropf der Gesellschaften, die teilweise machen was sie wollen.
Leider kümmern sich die Verbände der Vermittlerschaft in keinster Weise um dies Problematik.