- Von Andreas Brunner
- 28.02.2017 um 14:53
Den jüngeren Lesern mag es jetzt die Sprache verschlagen, aber es gab einmal eine Zeit, da musste man als Versicherungsmakler ganz ohne Vergleichsprogramme zurechtkommen. Was war das für eine mühselige Zeit! Alles musste man selbst berechnen, alle Bedingungen selbst miteinander vergleichen – alles sehr zeitaufwändig! Aber: Man kannte seine Produkte, kannte Vor- und Nachteile und wusste, dass man bei der Tarifierung alle wesentlichen Punkte korrekt berücksichtigt hat. Vor Überraschungen – zumindest aus dieser Ecke – war man insgesamt ziemlich sicher.
Mit dem Siegeszug der Vergleichsprogramme ging einiges an Zeitersparnis einher. Eine erste Orientierung war schnell berechnet – konkret in der Versicherer-Software nachgeprüft, konnte man seine Favoriten dem geneigten Kunden präsentieren.
Im Lauf der Zeit wird alles schneller und schneller. Vergleichsprogramme übernehmen verstärkt die Rolle einer soliden Tarifrecherche. Den Preis wirft die Software aus, Informationen zu Inhalten liefert der Vergleich – zack zack, wie es sein soll. Schöne neue Welt? Nein, denn Vergleichsprogramme werden von Menschen gemacht, und Menschen machen manchmal Fehler.
Wer beispielsweise einen BU-Vergleich für einen Mechatroniker rechnet und nicht nachprüft, ob er beim Wunschversicherer tatsächlich eine Berufsgruppe besser eingestuft ist als bei jedem anderen Anbieter, darf sich nicht wundern, wenn der Schutz in Wirklichkeit viel teurer ist als man ihn dem Kunden angeboten hat. Aber so ein Problem fällt wenigstens noch recht schnell auf. Viel größere Probleme schlummern hier in einem blinden Vertrauen in Leistungsvergleiche. Hier können sich natürlich Fehler eingeschlichen haben – viel häufiger aber sind die Formulierungen zu bestimmten Leistungspunkten zu knapp bemessen.
Die Überraschung im Schadensfall
Werfen wir als Beispiel dazu doch einmal einen Blick auf einen ganz alltäglichen Inhalt der Privathaftpflicht: Einschluss Deliktunfähige Kinder. Sowohl bei Versicherer A wie auch bei Versicherer B zeigt ein „ja“, das kann ein ausgefüllter Kreis, ein grünes Ampelsymbol oder irgendeine andere Darstellung sein, dass dieser Leistungspunkt erfüllt ist.
Beide Anbieter prüfen augenscheinlich nicht, ob bei Schäden, die durch deliktunfähige Kinder verursacht wurden, die Aufsichtspflicht verletzt wurde. Man darf also vermuten, dass beide Versicherer für solche Schäden aufkommen. Prima, dann kann man beispielsweise einer jungen Familie nun doch beide Anbieter guten Gewissens ans Herz legen, falls der Nachwuchs das neue Nachbarauto doch einmal mit Steinen „wäscht“. Die Haftpflicht schützt vor Streit mit dem Nachbarn.
Wirft man dann einen Blick in die Bedingungen der beiden Versicherer, liest man folgendes:
Versicherer A:
„Der Versicherer wird sich nicht auf eine Deliktunfähigkeit von versicherten Personen berufen, soweit dies der VN wünscht und ein anderer Versicherer (z. B. Sozialversicherungsträger) nicht leistungspflichtig ist. Der Versicherer behält sich Rückgriffsansprüche (Regresse) wegen seiner Aufwendungen gegen schadenersatzpflichtige Dritte (zum Beispiel Aufsichtspflichtige), soweit sie nicht Versicherte dieses Vertrages sind, vor.“
Versicherer B:
„Abweichend von den gesetzlichen Regelungen erstattet der Versicherer auf Wunsch des Versicherungsnehmers auch Schäden versicherter deliktsunfähiger Personen, wenn die Aufsichtspflicht nicht verletzt wurde, pauschal bis zur Deckungssumme für Sach-, Personen und daraus resultierenden Vermögensschäden.“
Es fällt auf: Da gibt es also doch einen Unterschied: Versicherer A springt nur dann ein, wenn es keine andere Versicherung gibt, die für den Schaden eintritt. Bei einem mehr oder weniger neuen Auto hat es aber meist eine Vollkaskoversicherung, wegen der man die Übernahme des Schadens dann ablehnen wird. Die Praxis zeigt, dass diese Ablehnung – es gibt mehrere uns bekannte Fälle – dann für Kunden und Makler gänzlich überraschend kommt.
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