Das Amazon-Logistikzentrum in Pforzheim: Der weltgrößte Versandhändler versucht sich auch in der Versicherungsbranche. © dpa/picture alliance
  • Von Fabrice Gerdes
  • 05.01.2018 um 17:00
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lesedauer Lesedauer: ca. 05:45 Min

Amazon will ein Versicherungsteam am Standort London aufbauen, berichteten deutsche Fachmedien im November 2017. Die Besorgnis im hiesigen Versicherungsmarkt hielt sich allerdings in Grenzen – zu Unrecht, wie Versicherungsexperte Fabrice Gerdes findet. Denn Amazon tickt anders als Google. Welche Folgen, aber auch Potenziale, der Markteintritt des weltgrößten Versandhändlers für die Branche in Deutschland haben könnte, erklärt er in seinem Gastbeitrag.

Um diese beispielhaften Versicherungsprodukte zum Zeitpunkt des Bedarfs anbieten zu können, investieren und zahlen Versicherer wie auch Vergleichsportale Millionenbeträge. Das Internet nimmt bei der Identifizierung solcher Vertriebschancen eine immer dominantere Rolle ein, alleine wenn man berücksichtigt, dass über 50 Prozent des Marketingbudgets der Allianz Deutschland laut Presseberichten bereits in den digitalen Bereich fließen.

Herausforderung für Vesicherer im Internet

Nach einer wahrscheinlichen Umsetzung der europäischen ePrivacy-Verordnung wird es für Versicherer noch aufwändiger und teurer im Internet Kunden zu gewinnen. Amazon stehen diese Informationen Ihrer Kunden jedoch quasi kostenfrei zur Verfügung und ist darüber hinaus nicht so stark von den Auswirkungen der ePrivacy-Verordnung betroffen wie andere Unternehmen, da der mutmaßliche Versicherungsbedarf auf der eigenen Seite ermittelt wurde.

Warum sollte sich der Konzern daher mit einem Angebot an Produktversicherungen begnügen und diesen offensichtlichen Wettbewerbsvorteil nicht nutzen um im größeren Rahmen vom Versicherungsgeschäft zu profitieren?

Ein weiterer Vorteil von Amazon ist die Abo-Mitgliedschaft „Amazon Prime“, mit der es gelungen ist, ein Angebotspaket bestehend aus kostenlosem Premiumversand, Zugang zu besonderen VIP-Angeboten, zu eBooks, zu einer Onlinevideothek, zu einem Musikstreamingdienst und zu einer unbegrenzt großen Fotocloud zu schaffen. Darüber hinaus greift der Konzern mit Amazon Fresh den stationären Lebensmittelhandel an, bietet einen Cloudservice an, gibt in Kooperationen mit Banken Amazon-Kreditkarten heraus und baut mit Amazon Payments ein Konkurrenzangebot zu Paypal auf.

Auch im Bereich der Logistik ist Amazon näher am Kunden als ein Großteil der anderen Unternehmen. In den USA bietet das Unternehmen seit 2011 eigene Paketabholstationen an und übernimmt mit eigenen Subunternehmern mittlerweile auch selber in Deutschland einen Teil der Auslieferungen. Dieses Konglomerat an Dienstleistungen, das neudeutsch als Ökosystem bezeichnet werden kann, stärkt mit jeder weiteren Dienstleistung die Kundenbindung an Amazon.

Amazon könnte dieses Ökosystem ohne große Aufwände dafür nutzen, um auch ein umfassendes Versicherungsangebot zu integrieren, das sich von konventionellen Versicherungsangeboten abhebt und die Kunden noch enger bindet.

Beispielweise könnten Kunden oder Geschädigte im Schadenfall bei Sachversicherungen eine 10 Prozent höhere Entschädigungsleistung bei einer Wiederbeschaffung über Amazon erhalten und Amazon Prime Kunden erhalten zusätzlich einen Beitragsnachlass von 10 Prozent, welcher Amazon(Prime)-Kunde wird da widerstehen können?

Wenn man nun berücksichtigt, dass alleine in Deutschland die Hälfte der über 44 Millionen regelmäßigen Amazon-Kunden mindestens einmal im Monat bei Amazon bestellt und 17 Millionen Kunden Amazon Prime nutzen, wird deutlich, welches Potenzial dem Konzern zur Verfügung steht.

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Fabrice Gerdes

Fabrice Gerdes ist Manager der zeb.rolfes.schierenbeck.associates GmbH.

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