- Von Redaktion
- 26.11.2019 um 12:09
Auch die richtige Ansprache der Nutzer findet Joonko aktuell noch nicht – und bekanntlich gibt es keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Die Kommunikation auf der Seite ist oberflächlich. Die Inhalte wirken auf den ersten Blick herausfordernd („Warum hat noch kein anderer versucht, einfach und unkompliziert zu sein?“), es folgt aber keine glaubhafte Erklärung, wie sich dieser Anspruch konkret für den Kunden auswirkt. Ottonova hat übrigens fast denselben Ansatz, liefert aber im Gegenzug verständliche Argumente dafür.
Aus der Ich-Perspektive (von Lemonade inspiriert) versucht Joonko, persönlich und nahbar zu sein. Dabei wird aber nicht deutlich, wer diese Person „Joonko“ nun eigentlich ist. Es gibt keine Konstante, keine Wiedererkennung und auch kein richtiges Konzept hinter der Idee, als Versicherungsvergleich aus einer Ich-Perspektive zu sprechen. In der Antragsstrecke fragt Joonko „Wie heißt du mit Vornamen?“ und darauf „Und mit Nachnamen?“. Das liest sich nicht intuitiv und stört bei der Eingabe. Lemonade macht das viel besser. Nach der persönlichen Ansprache folgt die Beschriftung der Felder nach dem gelernten Prinzip. Gerade Lemonade zeigt also, wie eine pseudo-persönliche Ansprache charmant und glaubhaft eingesetzt werden kann. Bei Joonko sieht man vor allem, wo die Grenzen liegen.
Der Markenauftritt
Bei aller Kritik muss man Joonko zu Gute halten, dass es technisch anspruchsvoll ist, in kurzer Zeit einen Kfz-Vergleicher auf die Beine zu stellen. Darum hat sich die Seite selbst den Status „Beta“ angeheftet, um den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die Vorsichtsmaßnahme soll eine Entschuldigung für das noch sehr schmale Angebot sein und Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Marke zerstreuen. Das Label „Beta” nutzt man üblicherweise intern oder in eingeschränkten Nutzerkreisen. Gegenüber Kunden sagt es aber eigentlich: „Wir sind uns noch nicht sicher.“ Das kann beim Nutzer das Gefühl erzeugen, es mit einem unprofessionellen Partner zu tun zu haben, bei dem man nur ungern sein emotionalstes und zugleich teuerstes Alltagsgut versichert.
Nach der Wechselsaison sollte Joonko sich nun die Zeit nehmen, die Idee einer fairen und transparenten Lösung für den Markt konsequent umzusetzen. Die Elemente eines erfolgreichen Markenaufbaus liegen auf der Hand: Mehr und klarere Kommunikation der Wertvorstellungen, vor allem aber der konkreten, für den Endkunden spürbaren Unterschiede zum bisherigen Establishment. Zudem sollte kompromisslos der Weg der Nutzerzentrierung verfolgt werden. Das umfasst die Auswahl der Versicherungspartner (nicht auf Krampf jeder, sondern die besten), das faire Vergütungsmodell (keine Bevorzugung durch Bezahlung) und die Optimierung der Website für eine gute Usability (nicht zwingend stylish, sondern intuitiv und einfach).
Ein Fazit
Joonko hat den langen finanziellen Atem und hoffentlich auch die nötige innere Überzeugung, um den Kfz-Versicherungskauf in Deutschland für den Kunden besser zu machen. Von einer konsequenten Bedürfnisorientierung, Produkten ohne Leistungslücken und guten Services würde der gesamte Markt profitieren. Die Dominanz von Check24 könnte abnehmen und Joonko wäre auch kein Maklerschreck, sondern würde den Versicherungsmaklern, deren Marktanteil in Kfz zuletzt im Sinkflug war, sogar Rückenwind verleihen.
Joonko könnte einen Beitrag dazu leisten, dass Kunden verstehen, dass Qualität und Beratung wichtiger sind als der Preis. Solche Makler und Versicherer könnten dann in Joonkos Fahrwasser punkten, deren Geschäftsmodell schon immer aus fairer Beratung und einem wirklich guten Service, nicht zuletzt in der Schadenregulierung, bestand.
Um wirklich zu Profiteuren des Markteintritts von Joonko zu werden, haben viele Makler und Versicherer allerdings noch mindestens genauso viele Hausaufgaben zu erledigen wie Joonko selbst. Ohne ein nutzerzentriertes digitales Angebot geht der Kampf um den Kunden auf lange Sicht verloren. Digitalisierung wirkt bei einem wenig transaktionsintensiven Produkt wie Versicherungen nur langsam. Gerade darin liegt aber die große Gefahr. Wem heute das Markt- und Technologieverständnis fehlt, wird nicht ausreichend investieren und damit in Zukunft nicht mehr relevant sein.
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