- Von Redaktion
- 27.10.2022 um 14:39
Als Betreiber einer Internetseite könnten Maklerunternehmen sowie Unternehmen im Allgemeinen unter Umständen wegen Datenschutzverstößen im Zusammenhang mit „Google Fonts“ abgemahnt werden. Auf dieses Abmahnverfahren haben sich einige Anwaltskanzleien eingestellt – beziehungsweise mittlerweile spezialisiert und massenweise Abmahnungen versendet. Die sogenannten Abmahnanwälte vertreten Mandanten, die aktiv Internetseiten nach Datenschutzverstößen „durchforsten“. Ob eine Abmahnung samt Gebührenforderung im Zusammenhang mit dieser „Geschäftsmasche“ rechtmäßig sein könnte oder nicht, erläutere ich Ihnen in diesem Beitrag.
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Der Abmahnungsgrund: Google Fonts
Sie haben ein Anschreiben erhalten, dass Ihnen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung im Umgang mit „Google Fonts“ oder ähnlichen Diensten zur Last legen will? So oder so ähnlich lesen sich typischerweise die Schreiben der Abmahnanwälte.
Im Internet betreten die Besucher einer Website die Seiten stets unter Offenbarung ihrer eigenen IP-Adresse, der sogenannten dynamischen IP-Adresse. Die Abmahnung zielt auf eine über diese Offenbarung hinaus erfolgte unerlaubte Weitergabe dieser IP-Adresse an Dritte ab. Die Weitergabe , etwa an Google, erfolgt aber nur dann, wenn die Programmierung der Website so eingestellt ist, dass diese Daten auch tatsächlich – in den meisten Fällen automatisch – an Drittanbieter übermittelt werden.
Nach dem Abmahnungsinhalt soll die erfolgte Weitergabe der IP-Adresse eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Paragraf 823 Absatz 1 BGB darstellen. Wenn dem so wäre, stünde ein Schadensersatzanspruch des Betroffenen im Raum. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen, über die Weitergabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten selbst zu verfügen beziehungsweise zu entscheiden.
Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann dann erfolgt sein, wenn die persönliche IP-Adresse ein geschütztes Datum darstellt. Diese Abmahnmöglichkeit wurde im Wesentlichen durch den EuGH und den BGH und deren Rechtsprechung zu IP-Adressen ermöglicht (EuGH, Urteil vom 19. Oktober 2016 – C‑582/14 und BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 – Az. VI ZR 135/13). Nach Ansicht der vorgenannten Gerichte gibt die IP-Adresse in personenbezogener Weise Aufschluss darüber, dass zu bestimmten Zeiten eine bestimmte Seite abgerufen wurde. Zudem ist die Identität der Person hinter der IP-Adresse feststellbar. Demnach ist die IP-Adresse ein personenbezogenes Datum gemäß Artikel 4 Nummer 1 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Mithin wäre jedwede Weitergabe ohne Einwilligung eine Verletzung der informationellen Selbstbestimmung und somit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dieser Einschätzung folgte auch das Landgericht München und bestätigte damit einen Datenschutzverstoß (LG München, Urteil vom 20. Januar 2022 – 3 O 17493/20) im Zusammenhang mit „Google Fonts“, nämlich durch die Weitergabe der IP-Adresse an Google ohne Einwilligung des Webseitennutzers.
Das Problem: Die Gestaltung der Internetseite
Es ist üblich und nicht ohne Weiteres ein Verstoß, dass die IP-Adresse des Besuchers für den Betreiber offenbart und hinterlegt wird. Allerdings nutzen viele Websites vorgefertigte Skripte, die bestimmte Funktionen von Drittanbietern beziehen. Prominentes Beispiel sind die „Google Fonts“, welche die Nutzung und Darstellung von Schriftarten auf der eigenen Webseite ermöglichen. Bei entsprechender Gestaltung beziehungsweise Programmierung der Internetseite werden die IP-Adressen der Besucher automatisch an Google weitergeleitet, so dass die Schriftarten von Google-Servern auf die Website geladen werden können.
Diese Weitergabe der IP-Adresse als personenbezogenes Datum (siehe oben) ist damit das „Einfallstor“ und stellt aktuell das Kerngeschäft einiger Abmahnanwälte dar. Schlechterdings ist die Abmahnung einer – auch durch den Webseiteninhaber unbewussten – Weitergabe von IP-Adressen jedoch häufig sogar rechtmäßig. Dieses ist natürlich immer einer Prüfung des Einzelfalls vorbehalten, jedoch lässt sich sehr häufig ein Datenschutzverstoß im Ergebnis bejahen. In diesen Fällen müsste so dann noch weiter geprüft werden, ob die Abmahnung an sich nicht schon Formfehlern unterliegt, da der Gesetzgeber mittlerweile hohe Anforderungen an das Aussprechen von Abmahnungen gestellt hat. Auch sollte ein etwaiger Schadenersatzanspruch dem Grunde und der Höhe nach begründet werden. Die reine Erwähnung in der Abmahnung, dass ein solcher Anspruch einfach besteht, reicht nicht aus.
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