- Von Redaktion
- 02.11.2020 um 16:17
5. Bereits geschlossene Vergleiche aufgrund des ersten Schadenfalles
Zahlreiche Betroffene haben die ihnen auf Grundlage der sogenannten „Bayerischen Lösung“ angebotenen Abfindungsvereinbarungen angenommen, nachdem ihnen die Versicherung zuvor in der mit dem Abfindungsangebot zusammen übersandten Regulierungsablehnung erklärt hat, dass kein Versicherungsfall vorliegt und die Versicherung nicht zur Leistung verpflichtet ist.
Man sei jedoch unabhängig von einer nicht bestehenden Leistungspflicht bereit, im Rahmen der „bayerischen Lösung“ bei Abschluss einer entsprechenden Abfindungsvereinbarung eine Kulanzzahlung zu leisten. Oft ist dabei noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es sich bei der Kulanzleistung nicht um ein Teil des zu regulierenden Schadens handelt.
Auch künftige Ansprüche abgegolten, heißt es in vielen Vereinbarungen
In vielen der Abfindungsvereinbarungen ist weiter geregelt, dass mit Abschluss der Abfindungsvereinbarung auch alle zukünftigen Ansprüche des Betroffenen auf weitere Leistungen aus der Betriebsschließungsversicherung im Zusammenhang mit Covid-19 erledigt beziehungsweise ausgeschlossen sein sollen.
Dies würde für den zweiten nun bevorstehenden Lockdown bedeuten, dass bei Eintritt eines erneuten Schadenfalles kein Anspruch mehr auf erneute Versicherungsleistung bestehen würde.
Allerdings ist es gut möglich, dass die geschlossenen Abfindungsvereinbarungen nach § 779 Absatz I BGB unwirksam sind, wenn der nach dem Inhalt des Vergleiches als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt (der eingetretene Betriebsschließungsschaden sei nicht versichert und es bestehe keine Leistungspflicht des Versicherers) der Realität nicht entspricht und der Betroffene den Vergleich in Kenntnis der tatsächlichen Sachlage nicht abgeschlossen hätte.
Ist der Versicherer stets ehrlich, redlich und professionell?
Weiterhin steht bei einigen Fallkonstellationen die Anfechtbarkeit des Vergleiches im Raum und es könnte ein Verstoß der Versicherung gegen § 1a Absatz I Nr. 4 VVG vorliegen, nach dem die Versicherung gehalten ist, gegenüber dem Versicherungsnehmer stets ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse des Versicherungsnehmers zu handeln.
Sollte also die bereits geschlossen Abfindungsvereinbarung unwirksam sein oder anfechtbar, so besteht auch in diesen Konstellationen die Möglichkeit, dass die Versicherung auch den jetzt durch den zweiten Lockdown eintretenden Schadenfall als neuen Versicherungsfall wird regulieren müssen. Selbstverständlich hat der betroffene Versicherungsnehmer in diesen Fällen auch nach wie vor zusätzlich Anspruch auf vollständige Regulierung des ersten Betriebsschließungsschadens aus der Betriebsschließung aufgrund des ersten Lockdowns im März. Hinsichtlich der Einzelheiten bedarf es einer differenzierten Betrachtung der genauen Umstände des Einzelfalles.
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