- Von Andreas Harms
- 12.03.2025 um 13:48
Wenn ein Kunde nicht beraten werden will, kann der Vermittler für diesen Beratungsverzicht auch ein vorgefertigtes Formular nutzen. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg in einem Urteil (Aktenzeichen: 8 U 1684/24), auf das der Versicherungsanwalt Tobias Strübing von Wirth Rechtsanwälte hinweist.
Was war geschehen?
Der Kläger hatte sich eine Dreiviertelstunde vom Mitarbeiter eines Versicherers am Telefon beraten lassen. Daraufhin bekam er das Antragsformular für eine fondsgebundene Basisrente, eine Rürup-Rente. Darin war der Punkt „Ich verzichte auf die Beratung“ in einem „optisch abgesetzten Kasten“ mit entsprechender Überschrift gekennzeichnet enthalten und auch schon angekreuzt. Der Kläger unterschrieb das. Dann zahlte er den vereinbarten Einmalbetrag von 30.000 Euro.

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Später warf er dem Versicherer vor, nicht ausreichend beraten worden zu sein. Die Folgen des Beratungsverzichts habe er nicht ausreichend verstanden. Hätte man ihn ordnungsgemäß aufgeklärt, hätte er nicht unterschrieben, erklärte er. Es ging um 31.029,34 Euro, die der Kläger als Schadensersatz verlangte.
Damit stand die Frage im Raum, ob der Beratungsverzicht zählt oder nicht zählt. Und wenn er nicht zählt, ob der Kunde dann eventuell falsch beraten wurde.
Das Urteil
Doch zur letzteren Frage kam es gar nicht. Denn das OLG Nürnberg wies die Klage direkt ab und entschied, dass der Beratungsverzicht ausreichte und damit gilt (nach Paragraf 6 Absatz 3 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz). Ein separates Dokument sei nicht nötig. Die Erklärung müsse deutlich sichtbar gestaltet sein, und der Kunde müsse sie unterschrieben haben. Die Beklagte habe ihre Beratungspflicht damit auch nicht verletzt.
Genau so hatte es schon das Landgericht Regensburg gesehen (34 O 1349/23). Dagegen war der Kläger beim OLG Nürnberg in Berufung gegangen.
Das Gericht ist der Meinung, dass der Kläger deutlich erkennbar auf die Verzichtserklärung hingewiesen worden sei. Die könne er auch nicht mehr wegen Irrtums anfechten. Außerdem erkannte das Gericht Mitverschulden beim Kläger: Der hatte nämlich die Beschreibung im zweiseitigen Produktinformationsblatt nicht daraufhin abgeklopft, ob die Versicherung zu ihm passt.
Rechtsanwalt Strübing zeigt sich unzufrieden mit dem Urteil, weil es die Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) erschwert. Den hätte er aber gern mit an Bord. „Die Tragweite dieser Entscheidung ist meines Erachtens so weitgehend, dass eine höchstrichterliche Überprüfung durch den BGH mehr als wünschenswert gewesen wäre. Denn diese Entscheidung lässt sich so auch auf den Beratungsverzicht für Vermittler gemäß Paragraf 61 Absatz 2 VVG übertragen und hat damit Auswirkungen auf die gesamte Branche“, so Strübing.
Dass es nun aber wahrscheinlich kein höchstrichterliches Urteil gibt, erschwert weiter eine einheitliche Rechtsprechung. Es bleibe Rechtsunsicherheit bei Verbrauchern, Vermittlern und Versicherern.

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