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- 19.12.2018 um 12:04
Pfefferminzia: Nachhaltigkeit, Anlegen nach ESG-Kriterien, grüne Versicherungen – diese Begriffe sind in der Finanzbranche derzeit ziemlich verbreitet. Ist das eine Marketing-Masche der Unternehmen oder gibt es bei Kunden durchaus den Wunsch nach fairen, sozialen und ökologischen Produkten?
Frederik Waller, Leiter Maklervertrieb Itzehoer: Bei der Itzehoer haben wir festgestellt, dass es durchaus Kunden gibt, für die das Thema Nachhaltigkeit bei der Auswahl von Versicherungsprodukten relevant ist. Und die bereit sind, dafür auch einen kleinen Mehrbeitrag zu bezahlen. Den Markt gibt es also, davon bin ich überzeugt.
Thomas Vogel, Geschäftsführer AdmiralDirekt.de: Ist es eine Marketing-Masche? Ein klares Jein. Wir würden das als AdmiralDirekt.de nicht machen, wenn wir dadurch nicht in der Lage wären, neue und interessante Zielgruppen zu erschließen. Wir sind mitten im Kfz-Wechselherbst mit unserem grün-versichert-Kfz-Tarif auf den großen Vergleichsportalen live gegangen. Und obwohl es zwischen unserem Standardtarif und dem grünen Tarif einen Preisunterschied von 2 Prozent gibt, und der günstigere Tarif zuerst angezeigt wird, haben wir bereits nach einer Woche eine fast vierstellige Zahl an neuen Kunden gewinnen können – über alle Altersklassen hinweg. Die Menschen haben also einen Wunsch nach fairen, sozialen und ökologischen Anlagen. Wir sind zudem in der Lage, uns über diesen grünen Tarif von der Konkurrenz abzuheben.
Tobias Hoiten, Leiter Marketing der NV Versicherungen: Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es viele Unternehmen gibt, die nur auf diesen Zug der Nachhaltigkeit aufspringen wollen, um das Geschäft mitzunehmen. Die Menschen, die sich wirklich für Nachhaltigkeit und den Mehrwert solcher Produkte interessieren, werden aber schnell erkennen, welche Produkte am Markt tatsächlich nachhaltig sind und welche Firmen ihren Produkten nur einen grünen Anstrich geben wollen.
Arend Arends, Vorstandsvorsitzender NV Versicherungen: Richtig, es kommt darauf an, wer hinter der grünen Produkten steckt. Da fühlen wir uns gut, weil Nachhaltigkeit für uns als 200 Jahre alter Versicherungsverein, der in Ostfriesland in und mit der Natur lebt, eine Herzensangelegenheit ist. Wir, und der Mensch generell, haben eine Verantwortung, die Zukunft unserer Erde zu sichern. Und da versuchen wir als Versicherer ein kleines Stückchen beizutragen.
Micha Hildebrandt, Vertriebsvorstand der Vigo Krankenversicherung: Das Thema Nachhaltigkeit ist in der Finanzbranche angekommen. Es gibt einige Positivbeispiele wie die Bank GLS, die es schafft zu zeigen, wie Geld tatsächlich Positives bewirken kann, wenn bestimmte Kriterien bei der Kapitalanlage auch eingehalten werden. Daher arbeiten wir eng mit der GLS zusammen und haben dort im siebenstelligen Bereich Investitionen getätigt, um den Weg der GLS auch im Versicherungsbereich weiter zu gehen. Wir können unseren Kunden damit genau offenlegen, in welche Anlagen ihr Geld fließt, und dass sie damit zum Beispiel die Energiewende unterstützen. Ein Wunsch nach solchen Produkten kann aber auch erst entstehen, wenn der Kunde weiß, dass es ein solches Angebot gibt. Und da würde ich mir von Institutionen wie der Stiftung Warentest, die ja ein gewisses Vertrauen bei den Bürgern genießt, wünschen, dass sie nicht nur über grüne Zinsangebote, grüne Riester-Renten oder sonstige nachhaltige Bankprodukte schreibt, sondern auch über nachhaltige Versicherungen. Denn wenn das Thema durch eine offensivere Berichterstattung beim Kunden ankommt, wird die Nachfrage noch stärker zulegen.
Tim Buttler, Key Account Manager bei rhion.digital: Der Dieselskandal hat meines Erachtens gezeigt, dass die Menschen großen Wert darauf legen, dass die Produkte das, was sie versprechen, auch halten. Und das Image der Versicherungsbranche ist ja nun nicht das Beste. Insofern möchten zumindest die Versicherer in dieser Runde hier vermitteln, dass Versicherungen keine Finanzhaie sind, sondern dass wir mit Kundengeldern vernünftig umgehen und auch als Unternehmen ressourcenschonend arbeiten. Da hilft im Übrigen auch die Digitalisierung. Weil wir Vermittlerpost zum Beispiel vollelektronisch zur Verfügung zu stellen, können wir auf diesem Wege Papier sparen.
Lars Fuchs, Bereichsleiter Maklervertrieb rhion.digital: Wir bei rhion.digital arbeiten sehr Zielgruppen-orientiert. Und wenn man seine Kunden ernst nimmt, richtet man sich auch danach, was die Kunden wollen und bietet entsprechende Lösungen an. Damit dokumentiert man auch ein Stückweit Glaubwürdigkeit. Ich schätze, es gibt potenzielle Kunden im ein- bis zweistelligen Millionenbereich, die man in den nächsten fünf bis zehn Jahren überzeugen kann. Wir können von dem niedrigen Niveau, auf dem wir uns aktuell noch bewegen, also von zweistelligen Wachstumsraten ausgehen.
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