- Von Lorenz Klein
- 16.06.2017 um 09:58
„Wir brauchen keine Angst vor Insurtechs zu haben“, leitet R+V-Chef Rollinger seinen Vortrag auf dem MCC-Kongress „Insurance Today and Tomorrow“ in Düsseldorf ein. Es geht ihm vor allem darum, die Digitalisierungs-Strategie seines Hauses darzulegen. „Wenn es eine gute Idee gibt, werden wir sie schnell kopieren“, fügt Rollinger mit einem verbalen Augenzwinkern hinzu. Sein Haus habe einen großen Vorteil gegenüber den Insurtechs: „Wir haben ganz viele Kunden!“ Über 8 Millionen sind es nach derzeitigem Stand – und nach Vorstellung des Versicherungsmanager sollen schon sehr bald viele neue Kunden hinzukommen.
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Hingegen würden die Insurtechs gerade feststellen, wie schwer es sei, neue Kunden zu gewinnen. In den nächsten Monaten werde man zudem sehen, dass vielen Anbietern finanziell gesehen „die Luft ausgeht“, prognostiziert Rollinger. „Aber die Ideen der Insurtechs sind gut. Deshalb tun wir alle gut daran, diese Ideen auch in unserem Unternehmen nach vorn zu bringen.“
4 Milliarden mehr Umsatz in 6 Jahren: Dieses Ziel kann man ehrgeizig finden
Das Programm „Wachstum durch Wandel“ soll dies sicherstellen. Die Ziele kann man ehrgeizig finden: Die Beitragseinnahmen der R+V-Gruppe sollen von zuletzt 15,8 Milliarden Euro auf satte 20 Milliarden Euro bis zum Jahr 2022 klettern – dann feiert das Wiesbadener Unternehmen seinen 100. Geburtstag. „Das wurde von manchen als Kampfansage verstanden, ich sehe das aber gar nicht so stark“, beschwichtigt Rollinger. „Wir sind auch in der Vergangenheit schon stark gewachsen.“ Und damit liegt er nicht falsch: Im vergangenen Jahr stand ein Plus von knapp 5 Prozent zu Buche – der Markt konnte hingegen nur um 1 Prozent zulegen.
Die Digitalisierung sieht der R+V-Chef „als große Chance, unser Geschäftsmodell weiterzuentwickeln und kundenfreundlicher zu machen“. Der Kunde wünsche einen persönlichen Berater, möchte aber zugleich auch selbstständig einen Marktvergleich durchführen, stellt er fest. Man sei daher dabei, die Produktpalette zu überarbeiten, um den Wunsch der Kunden nach „Selbst-aktiv-werden“ gerecht zu werden. Dies soll auch neue Möglichkeiten zum Selbstabschluss einschließen.
Rollinger: Jede Woche verschwindet eine Volksbank und bis zu 15 Bankfilialen
Aktuell beschäftigt die R+V 5.000 festangestellte Berater. „Wir sind auch fest davon überzeugt, dass der Kunde die meisten Abschlüsse über den persönlichen Berater – zumindest in den nächsten Jahren – tätigen werden.“ Man wolle jedenfalls „kein reines digitales Geschäftsmodell machen, wie es einige Mitbewerber anstreben“, sagt Rollinger. „Digital zu sein, ist für uns nur ein Mittel zum Zweck, der Kern aber bleibt die persönliche Beratung.“ In diese wolle man „die Möglichkeiten der Digitalisierung integrieren.“
Der R+V-Chef sieht sein Haus vor allem an der Kostenfront gut gerüstet für den Branchenwandel. „Wir haben gute Kostenquoten, die zwischen 20 und 50 Prozent unterhalb des Marktes liegen.“ Das sei ein Wettbewerbsvorteil, so Rollinger, denn die gesamte Branche werde mit den Kosten weiter runtergehen müssen.
Allerdings dürfe man sich darauf nicht ausruhen, warnt der Versicherungsmanager. Jede Woche verschwänden eine Volksbank und 10 bis 15 Bankfilialen. „Es ist nicht so, dass wir hier ein Geschäftsmodell haben, an dem alles vorbeigeht.“ Das setze auch die R+V unter Druck, die viel Geschäft über Bankfilialen schreibt. „Das zwingt uns ganz klar, auch andere Kontaktwege zu Kunden der Banken suchen“, sagt Rollinger. Es gehe darum, das Geschäftsmodell anzupassen, indem man darin Elemente der Digitalisierung zu integrieren, die den Kunden „dort abholen, wo er aktiv ist“.
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