- Von René Weihrauch
- 02.07.2020 um 15:45
Pfefferminzia: Wie reagiere ich am besten auf die Corona-Ängste meiner Kunden?
Wladislaw Jachtchenko: Es gibt eine Technik, mit der ich mir gerade solche Unsicherheiten zunutze machen kann: die „Gerade-Weil-Technik“. Das heißt, ich nehme den scheinbar negativen Aspekt und kehre ihn ins Gegenteil um. Konkret könnte man also antworten: „Gerade weil wir in unsicheren Zeiten leben, ist eine stabile Absicherung wichtiger denn je.“ Die Wirkung lässt sich noch steigern, indem man etwa auf Zukunftsrisiken verweist, also zum Beispiel: „Was ist, wenn im Herbst und Winter eine zweite Welle kommt? Je früher Sie sich absichern, desto ruhiger werden Sie schlafen.“
Und wenn den Kunden das nicht überzeugt?
Sollte man konkret nachfragen, welche spezifischen Sorgen er hat. In der Rhetorik spricht man von einer Einwandfrage: „Sagen Sie mir ganz ehrlich, was Ihnen nicht gefällt! Wo genau liegen Ihre Befürchtungen?“ Im nächsten Schritt gilt es dann, angemessen auf den Einwand des Kunden zu reagieren. Dabei kommt es vor allem darauf an, Verständnis für seine Sichtweise zu zeigen. Niemand mag es, oberlehrerhaft behandelt zu werden. Etwas anderes ist aber ebenso wichtig: Lassen Sie dem Kunden Zeit – sowohl dazu, Ihr Argument aufzunehmen und zu verstehen, als auch seinen Einwand zu formulieren. Die Verarbeitungszeit dauert erfahrungsgemäß etwa zehn Sekunden. Scheuen Sie sich also nicht vor einer entsprechenden Gesprächspause, bevor Sie Ihre Argumente dann noch einmal mit anderen Worten wiederholen.
Also mehr zuhören, weniger reden?
Unbedingt! Das Ziel sollte sein, den aktiven Gesprächsanteil des Kunden über 50 Prozent zu halten. Das fällt vielen Maklern schwer, weil sie einen Wissensvorsprung haben, den sie ausspielen wollen. Sie sollten diesen Vorsprung aber dosiert ins Gespräch einbringen. Es geht nicht darum, das Gespräch zu dominieren. Es geht – fachlich ausgedrückt – nicht um einen Machtdiskurs, sondern um einen Kooperationsdiskurs. Das bedeutet, dass man sich zumindest scheinbar auf Augenhöhe begegnet. Ansonsten entsteht schnell das bereits erwähnte Bild des Oberlehrers. Das möchte kein Kunde, schon gar nicht, wenn er ohnehin bereits verunsichert ist.
Wie bereite ich mich am besten auf ein Gespräch in dieser speziellen Corona-Situation vor?
Jeder kennt das alte Sprichwort: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Vor einem Erstkontakt ist es immer hilfreich, sich ein Foto des Kunden zu besorgen – heute ist ja fast jeder auf irgendeiner Plattform im Internet zu finden. Das erleichtert es, sich auf den Gesprächspartner einzustellen. Dabei sollte man auch auf Kleidung, Körperhaltung und andere Details achten. Und: Viele Menschen geben im Internet ihre Hobbys an. Auch das hilft, sich ein Bild zu machen. Jemand, der Golf spielt, unterscheidet sich in den allermeisten Fällen von jemandem, der boxt oder Fußballfan ist.
Was sollte man bei Online- oder Video-Beratungen gesondert beachten?
Wie im persönlichen Gespräch ist auch bei Video-Calls der Blickkontakt wichtig. Deshalb gilt: beim Sprechen nicht auf den Bildschirm, sondern in die Kamera sehen. Dann hat der Kunde das Gefühl, er wird angeschaut. Wenn er selbst spricht, sollte man auf seine Körpersprache und Mimik achten – wo verrät er Unsicherheit, bei welchen Themen fühlt er sich wohler? Das ist schwieriger als die meisten denken. Gute Rhetorik erfordert Disziplin und Übung. Man kann solche Videogespräche zum Beispiel mit einem Kollegen trainieren. Außerdem gibt es im Internet sowohl kostenpflichtige Kurse, mit denen man sein Gesprächsverhalten verbessern kann, als auch Gratis-Angebote wie meinen Podcast.
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