EZB-Präsident Mario Draghi ist für die niedrigen Zinsen in Europa verantwortlich. Aber auch steigende Zinsen haben ihre Tücken. © Getty Images
  • Von Redaktion
  • 10.08.2015 um 10:30
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Die deutschen Lebensversicherer klagen über die dauerhaften Niedrigzinsen. Doch eine Studie der Bundesbank zeigt: Auch ein plötzlicher Zinsanstieg könnte die Unternehmen ins Wanken bringen – mit drastischen Auswirkungen für die Kunden.

Ein Thema beherrscht derzeit die deutsche Lebensversicherungsbranche: das anhaltende Niedrigzinsniveau. Es hat zu sinkenden Kosten und Provisionen geführt, zu sinkenden Überschussbeteiligungen für Lebensversicherungskunden, zu neuen Produkten mit weniger Garantien, zu hohen Rückstellungen seitens der Versicherer.

Wäre ein Zinsanstieg also ein Segen für die Gesellschaften? Ganz und gar nicht. Das zeigt ein aktuelles Diskussionspapier der Deutschen Bundesbank. Die beiden Autoren Mark Feodoria und Till Förstemann haben darin die Auswirkungen eines Zinsanstiegs untersucht.

Bei 2 Prozentpunkten Zinsanstieg sind die Puffer weg

Ergebnis: Einen Zinsanstieg von 2,1 Prozentpunkten würde die Mehrheit der großen Lebensversicherer wohl nicht besonders gut verkraften. Bei der Hälfte der 60 untersuchten Versicherer wären die Kapitalpuffer dann aufgezehrt. Für ihre Analyse haben Feodoria und Förstemann die Daten der 60 größten Versicherer für die Jahre 2005 bis 2013 ausgewertet.

Ein Grund: Viele Versicherer haben in der Niedrigzinsphase sehr lang laufende Anleihen gekauft, weil es hierauf noch einigermaßen vernünftige Renditen gibt. Diese Papiere verlieren bei einem steigenden Zinsniveau aber an Wert. Außerdem gehen die Autoren davon aus, dass viele Kunden bei steigenden Zinsen ihren Versicherungsvertrag kündigen würden, um ihr Vermögen in stärker verzinste Anlagen etwa bei Banken zu schichten.

Die Leidtragenden wären die Kunden

Bei manchen Politikern ist die Sorge nun groß. „Ein Zinsanstieg von 2,1 Prozentpunkten ist historisch gesehen nicht so ungewöhnlich“, so Gerhard Schick, Finanzexperte der Grünen-Bundestagsfraktion gegenüber Spiegel Online. Im Endeffekt würde es vor allem die Versicherten treffen, die geringere Auszahlungen bekämen. Deshalb müsste die Bafin eingreifen, die Dividenden müssten gestrichen werden und die Kosten für den Vertrieb weiter sinken.

Die Bafin ist bereits alarmiert und will „Wackelkandidaten“ klarmachen, „was bis wann geändert werden muss“, sagt Bafin-Chef Felix Hufeld. In den Bilanzen sieht er derzeit aber noch ausreichend Puffer vorhanden.

Verbraucherschützer veurteilen „Panikmache

Aus Sicht der Verbraucherschutzorganisation Bund der Versicherten (BdV) entbehren diese Befürchtungen jeglicher Grundlage: „Diese Studie unterstellt ein Verbraucherverhalten jenseits jeglicher Realität und missachtet zudem einfache Grundregeln der Lebensversicherung“, so Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV. So berücksichtigt die Studie etwa nicht, dass Stornoabzüge und andere Senkungen der Auszahlbeträge eine Kündigung unattraktiv machen. „Die Studie hat damit höchstens einen akademischen Wert, kann aber keine Grundlage für derartige Panikmache sein“, so Kleinlein.

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