Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und für Gewerblichen Rechtsschutz bei der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. © Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
  • Von Redaktion
  • 29.09.2020 um 17:40
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Laut einem Urteil des Hamburger Landgerichts dürfen Versicherungsvertreter nicht mit dem Angebot einer „unabhängigen Beratung“ werben. In seinem Gastbeitrag erklärt Fachanwalt Björn Thorben M. Jöhnke von der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte den Fall und gibt Hinweise für den Beratungsalltag.

Die in Rede stehenden Äußerungen sind geeignet, Verbraucher über die Eigenschaften des Unternehmens zu täuschen. Die Angaben „unabhängiger Versicherungsagent“, „unabhängige Spezialisten“ und „unabhängige Vermittler“ sind irreführend, da dadurch eine rechtliche Unabhängigkeit suggeriert wird, die in Versicherungsangelegenheiten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht.

„Unabhängig“ bedeutet aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs, zu dem auch die Mitglieder der Kammer des LG Hamburg gehören, dass der Vermittler allein dem Versicherungsnehmer gegenüber vertraglich verpflichtet ist und in dessen Interesse rechtlich unabhängig tätig werden kann. Diese Erwartung wird jedoch enttäuscht, wenn – wie vorliegend – der Vermittler vom Versicherer mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen beauftragt ist und für die Versicherung tätig wird.

Dabei spielt es keine Rolle, ob der Vermittler von einer oder 100 Versicherungen beauftragt worden ist, denn er steht bei Abschluss des Versicherungsvertrags, für den sich der Versicherungsnehmer am Ende entscheidet, im Lager der Versicherung, so das Landgericht Hamburg.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Die Entscheidung des Gerichts ist richtig und nachvollziehbar, denn Versicherungsvertreter stehen nun mal rechtlich im Lager des Versicherers und gerade nicht im Lager des Kunden. Der Auftraggeber ist bei Vertretern der Versicherer, nicht der Kunde. Diese Sondersituation hat indes auch gesetzlichen Einschlag gefunden – in Paragraf 59, Absatz 2, des VVGes (Klarstellung des Auftraggebers des Vertreters) sowie in Paragraf 70 des VVVGes   (Wissenszurechnung des Vertreters).

Auch stellt sich die Frage, ob Versicherungsmakler mit „Unabhängigkeit“ werben dürfen. Die Frage ist nach Auffassung der Kanzlei Jöhnke & Reichow zu bejahen, denn hier liegt rechtlich genau die umgekehrte Situation bezüglich der Stellung des Auftraggebers und der Wissenszurechnung vor. Auch bestätigen zwei Instanz-Urteile (Oberlandesgericht München, Aktenzeichen: 29 U 1834/18 sowie Landgericht Hannover, Aktenzeichen: 18 O 193/08), dass bei gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen eines Versicherers an einem Versicherungsmakler die Unabhängigkeit konterkariert werde. Die Gerichte lassen die Unabhängigkeit des Versicherungsmaklers jedoch nicht daran scheitern, dass ein Makler etwa von einem Versicherer Courtagen und/oder Zuwendungen erhält.

Über den Autoren

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und für Gewerblichen Rechtsschutz bei der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft.

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