- Von Redaktion
- 10.06.2020 um 11:34
Was ist geschehen?
Ein gewerblicher Legal-Tech-Anbieter betreibt Internetseiten unter anderem mit den Inhalten:
Warum Rückabwicklung möglich ist: Formfehler im Vertrag
Welchen Vorteil Rückabwicklung bietet: Beiträge zurück plus Nutzungsersatz abzüglich Risikoschutz
Diese finden sich in den Rubriken „Lebensversicherung“, „Rentenversicherung“, „Unfallversicherung“. Im Bereich „PKV Beitragsanpassung“ beziehungsweise „PKV Tarifwechsel“ finden sich unter anderem folgende Artikel:
Warum eine Anfechtung möglich ist: Beitragsanpassungen nicht rechtmäßig
Welchen Vorteil eine Anfechtung bietet: Beitragssenkung auf Niveau vor der/den unrechtmäßigen Anpassung(en)
Warum ein Tarifwechsel möglich ist: Rechtsgrundlage ist § 204 VVG
Welchen Vorteil ein Tarifwechsel innerhalb der Gesellschaft bietet: Beitragssenkung bei gleichwertigen Leistungen
Dazu bietet das Legal-Tech Rechtsdienstleistungen, mithin individuelle und einzelfallbezogene Prüfungs- und Beratungsdienstleistungen an. Diese Ausführungen ergänzte das Unternehmen mit den Zusätzen, dass es den Betroffenen in jener Situation „nachträglich zu mehr.plus verhelfen“ könne. In diesem Zusammenhang hat es eine Kontaktaufnahmemöglichkeit zur individuellen Vertragsprüfung und Berechnung des „möglichen finanziellen Vorteils“ mit Hilfe seiner Kooperationsanwälte angeboten.
Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer Hamburg (RAK Hamburg) verlangt von dem Legal-Tech-Anbieter wegen eines behaupteten Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) Unterlassung.
So vermeiden Makler Haftungsfallen bei der BU-Leistungsregulierung
Die Entscheidung
Das Landgericht (LG) Hamburg hat mit Beschluss vom 26. März 2020 festgestellt, dass eine Vertragsberatung durch den Legal-Tech-Anbieter nicht unter seine Erlaubnis zur Inkassotätigkeit falle und damit gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstößt. Ferner käme auch keine Nebenleistung gemäß Paragraf 5 RDG in Betracht. Das sei auch dann der Fall, wenn der Anbieter einer Tätigkeit als Versicherungsmakler gemäß Paragraf 34d GewO nachgehe. Eine Vertragsberatung unterscheide sich dabei von der Inkassotätigkeit und könne dieser nicht einfach untergeordnet werden, so das Gericht (Aktenzeichen 327 O 212/19).
Erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung
Gemäß Paragraf 3 RDG ist die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie gesetzlich erlaubt wird. Bereits das Angebot einer unerlaubten Rechtsdienstleistung erfülle über den Wortlaut des Paragrafen 3 RDG hinaus den Rechtsbruchtatbestand. Denn schon das Erbieten zur Rechtsdienstleistung ohne entsprechende Erlaubnis begründe die Gefahr, dass der Empfänger des Angebots sich an einen nicht ausreichend qualifizierten Rechtsdienstleister wenden werde.
Gemäß Paragraf 2 Absatz 1 RDG ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert, eine Rechtsdienstleistung. Insoweit sei unerheblich, mit welchen technischen Hilfsmitteln die Rechtsdienstleistung erbracht wird. Des Weiteren sei für die Frage der Erforderlichkeit einer rechtlichen Prüfung die subjektive Verkehrsanschauung und die erkennbare Erwartung des von dem Angebot der Beklagten angesprochenen Verkehrskreises zu berücksichtigen.
Der Legal-Tech-Anbieter bewarb mit den Internetseiten die erlaubnispflichtige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen, ohne über die hierfür erforderliche Erlaubnis zu verfügen. Daran ändere auch der Hinweis der Beklagten auf Kooperationsanwälte, die angeblichen die Prüfung durchführen sollen, nichts.
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