Jens Reichow ist Rechtsanwalt und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. © Kanzlei Jöhnke & Reichow
  • Von Redaktion
  • 11.03.2022 um 12:28
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Kommt es zu einer Stornierung eines vermittelten Versicherungsvertrages entsteht oftmals Streit zwischen Versicherer und Vermittler über die Frage der Nachbearbeitungspflichten. Hätte der kündigungswillige Versicherungsnehmer womöglich von einer Weiterführung des Vertrags überzeugt werden können? Fachanwalt Jens Reichow hat sich die aktuelle Rechtsprechung einmal näher angeschaut.

Wenn ein Versicherungsvertrag die Stornohaftungszeit nicht überdauert, kann es dazu kommen, dass der Versicherer die vorab geleistete Provision vom Versicherungsvermittler zurückfordert. Dabei wäre zunächst zu klären, wer die Nichterfüllung des Versicherungsvertrages zu verantworten hat. Beruht die Nichterfüllung womöglich auf Umstände, die dem Versicherer gar nicht anzulasten sind?

Zugleich stellt sich die Frage, ob sich der Versicherer ernsthaft darum bemüht hat, einen stornogefährdeten Vertrag zu retten und zweitens: Besteht hier überhaupt eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Vermittler?

Gerade nach Beendigung der Zusammenarbeit verzichten viele Versicherer gerne auf die Übersendung von Stornogefahrmitteilungen an die seiner Zeit beteiligten Vermittler. Kann der Versicherer selbst ergriffene Nachbearbeitungsmaßnahmen nicht hinreichend darlegen, versuchen Versicherer oftmals auch zu argumentieren, dass eine Nachbearbeitung von Anfang an aussichtslos gewesen wäre und daher vom Vermittler ohnehin nicht zu fordern gewesen wäre.

Zu der Frage der Erforderlichkeit einer Nachbearbeitung hat sich in der Rechtsprechung eine weitreichende Kasuistik herausgebildet. Einzelne Themen waren aber durchaus in der Instanzrechtsprechung noch strittig. Insbesondere war der Fall streitig, ob es Nachbearbeitungen bedarf, wenn der Versicherungsnehmer von seinem Widerrufsrecht gebrauch macht. So hat beispielsweise das Oberlandesgericht (OLG) München bisher eine Nachbearbeitungspflicht, auch für diesen Fall, bejaht (siehe auch Blogbeitrag der Kanzlei Jöhnke & Reichow). Anders hat dies zum Beispiel das OLG Zweibrücken bewertet (siehe auch Blogbeitrag der Kanzlei Jöhnke & Reichow).

Der BGH hat mit Urteil vom 8. Juli 2021 (Aktenzeichen: I ZR 248/19) über diese Frage nun entschieden. In dem zu entscheidenden Fall bestand Streit über die Nachbearbeitungspflicht bei einem Widerruf des vermittelten Versicherungsvertrages durch den Versicherungsnehmer und bei einem Antrag auf Beitragsfreistellung.

Der BGH entschied in Bezug auf den Widerruf durch den Versicherungsnehmer, dass keine Nachbearbeitungspflicht besteht. Die Entscheidung des Versicherungsnehmers sei von den Beteiligten zu respektieren. Deswegen bedürfe es in einem solchem Fall keiner weiteren Nachbearbeitungen.

Anders wurde dies jedoch für den Antrag auf Beitragsfreistellung bewertet. Ein solcher Antrag zeigt zwar nach Ansicht des BGH, dass es zu wirtschaftlichen Veränderungen bei dem Versicherungsnehmer gekommen sei. Allerdings müsse, aus Rücksicht auf die Interessen des Versicherungsvermittlers, zu Bemühungen um die Weiterführungen des Vertrages kommen. Es bestehe also eine Nachbearbeitungspflicht.

Über den Autor:

Jens Reichow ist Rechtsanwalt und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Die Kanzlei hat sich unter anderem auf den Bereich Handelsvertreterrecht spezialisiert. Weiterführende Informationen finden Sie auch unter „Rückforderung unverdienter CourtageundRückforderung unverdienter Provision“.

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