- Von Redaktion
- 17.06.2015 um 20:17
Die Senkung von Kosten steht bei vielen Versicherern schon seit Jahren auf der Agenda. Den Vertrieb hätten dabei viele Unternehmen verschont, heißt es in der Analyse der Managementberatung Bain & Company. Zu heikel erschienen Einschnitte in kundennahen Bereichen, zu schwierig die Auseinandersetzung mit selbstständigen Vermittlern, zu komplex die Neustrukturierung des Herzstücks ihres Geschäftsmodells. Doch der Druck steigt weiter.
So ist laut Bain-Studie „Optimierung im Versicherungsvertrieb: Qualität kommt vor Quantität“ der Kostendruck im Vertrieb die wichtigste Herausforderung für Versicherungsvorstände. Platz 2 belegen regulatorische Themen, gefolgt von ertragsstarken Produkten. Was gilt es also zu tun?
„Konzentrieren sich die Versicherer allein auf Kostensenkungen, droht ihnen eine Abwärtsspirale aus sinkenden Erträgen und zusätzlich nötigen Einsparungen“, sagt Christian Kinder, Partner bei Bain & Company und Autor der Studie. „Ein schleichendes Aus wäre für viele die Folge.“
Vier Handlungsfelder haben die Bain-Analysten ausgemacht:
1. Kostensenkung
Seit 2012 sinken laut Bain-Studie die Overheadkosten im Vertrieb um durchschnittlich 6 Prozent pro Jahr. Im Vergleich zum tendenziell rückläufigen Neugeschäft seien die Overheadkosten zuletzt aber relativ um 3 Prozent gestiegen. Mit einem ganzheitlichen strategischen Ansatz ließen sich die Vertriebskosten um bis zu 20 Prozent reduzieren. Die wichtigsten Hebel dafür seien „optimierte Außendienstorganisationen und Agenturmodelle sowie die Vergütungssysteme“.
2. Produktivitäts- und Bestandsmanagement
Erheblich gesteigert werden könnte die Vertriebsproduktivität unter anderem durch die richtigen Fachkräfte oder vertraglich festgelegte Performance-Meilensteine. Auch setzten sich immer größere Vermittlerstrukturen durch. Die Zahl der unterstellten Vermittler stieg bei den Teilnehmern des Benchmarkings seit 2008 von 15 auf 25 Prozent. Die Versicherer könnten ihren Vertrieb bei der Ausschöpfung der Potenziale im Bestand noch deutlich besser unterstützen, zum Beispiel durch die Systematisierung im Akquise- und Verkaufsprozess.
Eine wichtige Rolle dabei spielten digitale Hilfsmittel in der Beratung und der intelligente Einsatz moderner Technologien wie Data Mining und Big Data.
3. Wachstum
Viele Jahre sei Wachstum gleichbedeutend gewesen mit mehr Umsatz und neuen Kunden. Doch in reifen Märkten müssten vor allem die Bestandskunden differenziert entwickelt und das Neugeschäft risiko- und wertbasiert gesteuert werden. Im Zentrum stünden dabei ertragreiche Produkte, die eine synchronisierte Sicht aller Sparten und Vertriebskanäle verlangen.
4. Digitalisierung
Der Anteil digital aktiver Versicherungskunden wird in den nächsten fünf Jahren von heute rund 50 auf dann knapp 80 Prozent steigen, zeigt eine Bain-Umfrage unter mehr als 10.000 Privatkunden in Deutschland. Zugleich betonen drei von vier Befragten, dass die persönliche Beratung für sie wichtig bleibt. Auf diese hybriden Kunden muss sich der Versicherungsvertrieb einstellen.
„Noch nie haben Deutschlands Versicherer vor einer derart tief greifenden Transformation gestanden“, sagt Christina Ellringmann, Bain-Partnerin und Co-Autorin der Studie. „Der Schwerpunkt liegt dabei auf der klaren Ausrichtung des Vertriebs an Qualitätskriterien.“
Die Versicherer müssten mit modernen Provisionssystemen Anreize für leistungsstarke Vermittler schaffen und gleichzeitig ihre Vertriebskosten senken. „Der Vertrieb der Zukunft zeichnet sich durch höhere Effizienz, einen klaren Fokus und den umfassenden Einsatz digitaler Technologien aus“, so Versicherungsexperte Kinder. „Das wird zweifellos die Grundlage für den zukünftigen Erfolg einer Versicherung sein.“
Die Bain-Studie können Sie hier herunterladen.
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