- Von Andreas Harms
- 28.01.2025 um 12:00
Die deutsche Wirtschaft hat die Nase ganz offensichtlich gestrichen voll. Sie will raus aus der Rezession und international den Anschluss nicht verlieren. Und sie will nicht, dass heimische Unternehmen abwandern. Weshalb sie sich zusammenschließt und der Politik am sogenannten Wirtschaftswarntag gehörig die Meinung sagt. Zumindest jener Politik, die ihr nicht marktfreundlich genug erscheint.
Das macht sie nicht etwa rein zufällig jetzt. Denn sie will, dass die Bundestagswahl zur Wirtschaftswahl wird. Oder wie es der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) schreibt: „Die Wirtschaft fordert von den Parteien, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in den Mittelpunkt des Wahlkampfes zu rücken und nach der Bundestagswahl eine Wirtschaftswende einzuleiten.“
Nun muss man dazu sagen, dass sämtliche Parteien in ihren Wahlprogrammen sehr wohl auf die aktuelle Lage der Wirtschaft eingehen. Und wirklich nicht zu knapp. Nur haben sie höchst unterschiedliche Lösungen für das Problem am Start. Und Vorschläge, die der Wirtschaft definitiv nicht schmecken dürften.
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Zentrum des Geschehens soll das Brandenburger Tor in Berlin am 29. Januar 2025 sein, an dem ab 13 Uhr eine Demo steigen soll. Doch auch für Hamburg, Stuttgart und München sind Aktionen geplant. Politiker sollen ausdrücklich nicht dort auftreten – sie sollen sich aber durch alle Parteien hinweg angesprochen fühlen. Mit Ausrufezeichen!
In Gang gesetzt haben das alles unter anderem der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), der Gesamtverband der Textil- und Modeindustrie und die Stiftung Familienunternehmer zusammen mit der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie finanzieren. Insgesamt sind über 100 Verbände am Start.
Landwirtin, Rechtsanwalt, Schornsteinfeger
Allein die Liste mit Fotos und Widmungen von Unterstützern liest sich enorm vielfältig. Da findet sich die Landwirtin („Axt statt Kettensäge! […] Wir ächzen unter den immer weiter steigenden regulatorischen Anforderungen.“) neben dem Rechtsanwalt neben dem Schornsteinfeger. Zahlreiche Geschäftsführer sind selbstredend ebenfalls vertreten. Sie alle haben gemein, dass sie mit der aktuellen Lage nicht sonderlich zufrieden sind.
Und für die Versicherungsbranche ist der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) mit dabei, der gleich mal alle seine Mitglieder zur Demo ruft. BVK-Präsident, Michael H. Heinz, erklärt, worum es genau gehen soll: „Zusammen mit den anderen Verbänden fordern wir von der neuen Bundesregierung eine geringere Steuerbelastung, weniger bürokratische Vorgaben, gedeckelte Sozialabgaben und geringere Energiekosten.“
Damit spricht Heinz schon vier der insgesamt zehn Punkte an. Konkret und vollständig sind es diese hier:
- Bürokratie abbauen (stärker als es je zuvor versucht wurde)
- Steuern für Unternehmen und Beschäftigte senken (mindestens auf EU-Durchschnitt)
- Sozialabgaben auf 40 Prozent deckeln
- International konkurrenzfähige Energiepreise für Unternehmen
- EU-Emissionshandel als zentrales Klimainstrument (alle Einnahmen wieder auskehren)
- Flexibleres Arbeitsrecht
- Infrastruktur- und Dienstleistungsoffensive
- Staatsaufgaben neu einteilen (auch wegen der Punkte 2 und 7)
- Freihandel stärken, neue Abkommen schließen
- EU und Euro erhalten, aber Institutionen und Zuständigkeiten überprüfen
Damit stellen sich – nebenbei bemerkt – die Veranstalter des Wirtschaftswarntag in den Punkten 9 und 10 direkt gegen den allgemeinen protektionistischen Trend in der Politik. Und gegen Forderungen so mancher Regierung und mancher Partei, auch in Deutschland.
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