Der auf Apotheken spezialisierte Makler Michael Jeinsen. © privat
  • Von Redaktion
  • 23.06.2021 um 14:04
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lesedauer Lesedauer: ca. 05:25 Min

Viele Versicherungsvermittler übernehmen gerade zu Beginn ihrer Selbstständigkeit jeden Auftrag, der sich bietet. Das wird dann im weiteren Verlauf des Berufslebens so beibehalten. Ein Fehler, findet der auf Apotheken spezialisierte Makler Michael Jeinsen.

Pfefferminzia: Herr Jeinsen, Sie sind seit gut zehn Jahren als Spezialmakler tätig. Während viele jeden Mandanten annehmen, haben Sie sich von Beginn an ausschließlich auf Apotheken konzentriert. Warum?

Michael Jeinsen: Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich als Seiteneinsteiger mit fast 50 Jahren eher zufällig zur Maklerei gekommen bin. Zwar habe ich Erfahrungen im Versicherungsbereich gesammelt bei Axa Leben und Gerling E&L, doch nur als Pressesprecher und Verkaufsförderer. Als Gerling dann zu HDI wurde, habe ich mich als Coach für Marketing- und Verkaufsförderungsthemen selbstständig gemacht. In dieser Funktion bin ich seitdem unter anderem für das Apotheken-Spezial-Deckungskonzept PharmAssec tätig. So kam es zu meiner Verbindung in die Apothekenwelt – wie sich schnell zeigte eine schwer zu akquirierende Zielgruppe. Wenn man dann jedoch einmal zum Zuge gekommen ist, wird alles Weitere meist einfach. Null-Storno ist sogar möglich, wenn die Police funktioniert und der Service des Vermittlers stimmt. Nach ersten erfolgreichen Tests habe ich dann die geforderte IHK-Prüfung abgelegt. Es folgten fünf Jahre tägliche Kaltakquise in Berliner Apotheken. Die Quote im Schnitt: Zehn besucht, sieben Chefs da, drei davon „not amused“, vier längere Offizin-Gespräche, einmal sofort nach „hinten“, einmal Erlaubnis wieder zu kommen. Wöchentlich zwei bis vier Abschlüsse, Bestand nach einem Quartal: knapp 50 Apotheken. Mittlerweile sind es mit knapp 300 grob jede fünfte Apotheke im Großraum Berlin/Brandenburg.

Wie steigt man in gesetztem Alter in die Kaltakquise ein?

Tatsächlich über die noch älteren! 2010 hatte ich einen leeren Terminkalender, ein Apotheken-Spezialkonzept und ein Senioren-Argument, dass schnelle Ergebnisse versprach: die Nachhaftung. Meine Annahme: Kein Apotheker hat zum Laufbahnende noch Lust, über Versicherungen zu sprechen. Kurzum: Ich wollte dort anklopfen, wo die Konkurrenz schon lange aufgegeben hat. Durch den Türöffner Nachhaftung hatte ich zudem den Vorteil, immer exakt dasselbe Verkaufsgespräch führen zu müssen. Ich wurde also täglich sicherer und überzeugender.

Können Sie dazu ein Beispiel geben?

Gern. Ziemlich wörtlich verliefen die Erstgespräche so ab: Es geht um ein Thema, das Sie bestimmt ebenso langweilig finden, wie es für Sie wichtig ist … Fragenden Blick kurz abwarten … Stimmt! Versicherungen – da haben Sie doch sicher keine Lust mehr drauf, nicht wahr?“ … Heftige Zustimmung … Genau deshalb bin ich heute hier … Fragezeichen im Gesicht … Na, Sie wollen doch gelegentlich abgeben, oder? Nur deswegen bin ich heute da, wegen der Nachhaftung! … Wieso? … Naja, mit der Übergabe ist doch dann Ihre Betriebshaftpflicht auch weg. Alles, was danach käme, ginge ohne Nachhaftung also voll auf Ihre Kosten. Hat Ihnen das mein Kollege denn nicht erklärt?

Welche Vorteile bietet die Konzentration auf ein bestimmtes Kundensegment noch gegenüber Kollegen, die breiter aufgestellt sind?

Das grundsätzliche Problem, mit dem alle nicht spezialisierten Versicherungsvermittler zu kämpfen haben, ist, dass sie keine vernünftige Positionierung hinkriegen. Sie sind bestenfalls Versicherungsspezialisten, doch die gibt es in jeder größeren Stadt wie Sand am Meer. Und unser Ruf als „Versicherungsvertreter“ ist seit jeher eher schlecht. Dazu kommt, dass unsere Welt mittlerweile so komplex geworden ist, dass kein Kunde mehr daran glaubt, dass irgendwer in allen Bereichen top sein könnte. Die Bruchlandungen flugfähiger eierlegender Wollmilchsäue sehen wir in allen Branchen seit über zehn Jahren: „Wer alles können will, der macht nichts wirklich richtig.“

Es gibt aber doch unendlich viele Makler, die in der Breite der Tarifwelten erfolgreich sind.

Stimmt! Die Ausnahme sind natürlich die „Kümmerer“ vor Ort. Alteingesessene Maklerhäuser mit hinreichend Mitarbeitern, damit alle Sparten abgedeckt sind. Deren Zielgruppenspezialisierung ist die regionale Lösungskompetenz. Und das gilt eben auch als Expertenstatus im engeren Sinne. Wer sich hingegen als Experte für Apothekenschutz, Zahnärzte-Finanzen oder Ärzte-Niederlassung positioniert, der braucht einen weitaus größeren Akquise-Radius. Deshalb müssen solche Makler für eine bestimmte Zielgruppe identifizierbar sein, sie müssen also an ihrem Bekanntheitsgrad in genau dieser Zielgruppe arbeiten. Folgerichtig kommt es hier auf Selbstmarketing an, und auf Veröffentlichungen – das kennen Heilberufler und sie schätzen es. Autorität kommt für diese speziellen Zielgruppen eben vor allem auch von Autor sein. Deshalb gibt es auch die Buchprojekte meines Netzwerks von Nicole Gerwert, Rebekka Sarnes und mir (siehe Hinweis rechts in der Seitenleiste).

Wie finden Makler wie Sie drei „Ihre“ Zielgruppe?

Die beiden Kolleginnen haben jeweils engen persönlichen Bezug zu ihren Zielgruppen – eine ideale Voraussetzung; ich habe das Detailwissen beruflich erlernt und wir alle haben uns dann systematisch weitergebildet. Für die allermeisten Kollegen ist der Weg jedoch oft einfacher, denn meist reicht ein Blick in die eigene Kundendatei. Wenn dort eine oder vielleicht auch mehrere Gruppen besonders stark vertreten sind, dann gibt es womöglich schon eine Art Spezialisierung, ohne dass dies gezielt angestrebt worden wäre. Denn bei Kundengruppen, die ein Vermittler oft berät, kennt er sich automatisch auch besser aus. Wenn jemand beispielsweise oft Handwerksbetriebe versichert, dann weiß er in aller Regel, worauf es ankommt und welche Konzepte besser geeignet sind als andere. Das gute alte Pareto-Prinzip gilt auch hier: „Kümmere Dich vor allem um die 20 Prozent der Kunden, die Dir 80 Prozent des sicheren und ertragreichen Umsatzes bringen.“ Mehr braucht es nicht für einen Start in die Zielgruppen-Expertise.

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