- Von Juliana Demski
- 20.08.2018 um 16:40
„Wir werden darauf bestehen, dass die Bundesregierung ein stabiles Rentenniveau auch in den 20er und 30er Jahren gewährleistet und ein plausibles Finanzierungsmodell vorlegt“, sagte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) kürzlich der „Bild am Sonntag“. Die bisherigen Pläne der Groko sehen nur ein stabiles Rentenniveau von 48 Prozent bis zum Jahre 2025 vor.
Der SPD-Politiker drohte der Union auch mit einem Rentenwahlkampf, sollten sie seine Pläne nicht befürworten: „Wir hoffen auf einen Konsens in der Koalition. Sollte das nicht hinhauen, wird es eben ein Thema der politischen Auseinandersetzung. Dann entscheiden die Bürgerinnen und Bürger diese Frage mit ihrem Kreuz auf dem Stimmzettel.“
Die Union reagierte mit einem Gegenangriff.
So sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Hermann Gröhe (CDU) laut dem Handelsblatt gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: „Mit seiner markig vorgetragenen Vorfestlegung leistet Scholz der gerade erst begonnenen Kommissionsarbeit einen Bärendienst, ja gefährdet die Grundlagen ihrer Arbeit.“ Und weiter: „Das mag dem anhaltenden Umfragetief der SPD geschuldet sein, ist aber unverantwortlich!“
Wissenschaftler wollen lieber die Lebensarbeitszeit verlängert wissen
Für unverantwortlich hält man das Vorgehen des Vizekanzlers auch beim Deutschen Institut für Altersvorsorge (DIA). So warnte das DIA am Montag in einer Mitteilung davor, die Steuern zur Finanzierung der künftigen Renten zu erhöhen. Die von Scholz verlangte Garantie des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis 2040 sei eine „unverantwortliche Vorfestlegung“ in Zeiten des demografischen Wandels, sagte DIA-Sprecher Dieter Weirich. Der Vorschlag negiere mögliche Perspektiv-Vorschläge der von der Bundesregierung selbst eingesetzten Rentenkommission und sei „nur durch kräftige Steuererhöhungen“ zu finanzieren. Bereits jetzt habe Deutschland die höchsten Sozialausgaben der Nachkriegszeit, so Weirich.
Die SPD löse damit ohne Rücksicht auf die finanzielle Tragfähigkeit des Landes „einen sozialpolitischen Überbietungswettbewerb“ aus. Zu einer verantwortlichen Zukunftsgestaltung im tiefgreifenden demografischen Wandel gehöre „der Bruch bisheriger Tabus wie beispielsweise die Frage der Verlängerung der Lebensarbeitszeit“, ergänzte der DIA-Sprecher.
Auch beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln spricht man sich für die Verlängerung des Erwerbslebens aus. „Gelingt es, die Menschen länger erfolgreich auf dem Arbeitsmarkt zu beschäftigen, besteht die Chance, das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentnern zu stabilisieren. Das sorgt für höhere Beitragseinnahmen, geringen Anpassungsdruck beim Beitragssatz und in der Folge auch für ein stabiles und höheres Rentenniveau“, erklärt IW-Forscher Jochen Pimpertz in einer ersten Einschätzung der SPD-Pläne.
Warnung vor populistischen Einflüssen
Pimpertz forderte ebenso wie Weirich, die Rentenfrage vor populistischen Einflüssen zu schützen. Es sei klar, so der Experte, dass ein höheres Rentenniveau führt zwangsläufig zu höheren Finanzierungslasten. Sollte die derzeit gültige Beitragssatzobergrenze von 20 Prozent ebenfalls dauerhaft eingehalten werden, entstünde nach IW-Berechnungen allein im Jahr 2030 eine Finanzierungslücke von fast 30 Milliarden Euro. „Gäbe man aber den Schutz der Beitragszahler preis, um das Loch über höhere Beitragssätze zu schließen, dann würde die 22-Prozent-Marke noch vor Ende des nächsten Jahrzehnts übersprungen“, schlussfolgert IW-Forscher Pimpertz.
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