Hielt eine deutliche Rede zur Lebensversicherung: Versicherungsaufseherin Julia Wiens von der Bafin © Bafin / Matthias Sandmann
  • Von Andreas Harms
  • 27.08.2024 um 17:29
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In Düsseldorf trifft sich derzeit die Branche zum „Handelsblatt Strategiemeeting Lebensversicherung“. Die Versicherungsaufseherin der Bafin, Julia Wiens, ließ es sich nicht nehmen, ein paar deutliche Worte an die Anwesenden zu richten. Vor allem die Passage mit dem Kundennutzen könnte man als kräftige Backpfeife auffassen.

Sollten Redner auf Branchenveranstaltungen nicht etwas Erbauliches verkünden? Etwas, das die Anwesenden vielleicht mit etwas Zuversicht erfüllt? Julia Wiens hat das nur zu Beginn ihrer Rede getan. Dann nicht mehr, und sie wechselte in den Kampfmodus.

Seit Jahresbeginn ist Wiens Chefaufseherin für die Versicherungsbranche bei der Finanzaufsicht Bafin. Und auf dem „Handelsblatt Strategiemeeting Lebensversicherung“ in Düsseldorf ließ sie keinen Zweifel daran, dass sie die Sache sehr ernst nimmt. Eine Rede wie ein Faustschlag. Wir waren nicht vor Ort, aber die Bafin hat sie zeitgleich auf ihrer Internet-Seite veröffentlicht. Wir wollen hier vor allem auf die Passage mit dem Kundennutzen von Lebensversicherungen eingehen.

Kundennutzen

Nachdem Wiens die Branche ein bisschen gelobt hat („Die deutschen Lebensversicherer sind in robuster Verfassung“), geht sie auf einige Risiken ein (Gewerbeimmobilien, Cyberangriffe). Doch dann kommt der Zeitpunkt, an dem sie auf ein ganz besonderes Reizthema zu sprechen kommt: den Kundennutzen von kapitalbildenden Lebensversicherungen, vor allem fondsgebundenen. Was man darunter versteht, habe man im vergangenen Jahr in einem Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten dargelegt (mehr dazu hier).

Doch inzwischen hat die Bafin einige Produkte unter die Lupe genommen, auch das ist bekannt. Es geht dabei um Effektivkosten, Abschlussprovisionen und Stornos. Und siehe an: Bisher hat man 13 Unternehmen näher angeschaut, die zum teuersten Viertel aller Anbieter gehören. Doch weitere werden folgen, kündigt Wiens an und grollt: „Was wir da bislang herausgefunden haben, gefällt uns überhaupt nicht.“

Und was hat man da gefunden?

Zunächst beachten manche Versicherer gar nicht das, was ihnen die Bafin vorgeschrieben hat. Nämlich, dass sie interne Leitlinien für Produktfreigabeverfahren festzulegen haben. Und dass jedes neue Versicherungsprodukt diese Verfahren zu durchlaufen hat. Halten einige Branchenvertreter offenbar nicht für nötig. „Formale Mängel“, nennt Wiens das.

Effektivkosten

Bei einigen Produktanbietern liegen die Effektivkosten viel zu hoch. Bei mehreren von ihnen betrugen sie zu einem Zeitpunkt, zu dem die Hälfte der Kunden die Verträge vorzeitig gekündigt hatten, 4 Prozent oder sogar mehr. Kosten, die diese Kunden somit zu stemmen hatten. Wiens emotional: „Mal Hand aufs Herz: Welche Rendite erzielen die Fonds in Ihren Produkten? Oder anders gefragt: Würden Sie solche Produkte guten Freunden empfehlen?“ Die Antwort schwebt im Raum.

Storno

Die Bafin hat einige sehr hohe Stornoquoten beobachtet. Vor allem in den ersten Jahren nach Vertragsabschluss (was ja irgendwie in der Tat zu denken geben sollte). Entsprechend hoch seien die Effektivkosten, angemessener Kundennutzen dürfte dort nicht mehr gegeben sein.

Seite 2: Bafin findet Kickbacks „mehr als fragwürdig“

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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