Daniel Hartmann, Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Bantleon © Bantleon
  • Von Redaktion
  • 04.07.2023 um 11:34
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Düstere Zeiten voraus – für Wirtschaft, aber auch die Aktienmärkte. In seinem Gastbeitrag erklärt Daniel Hartmann, Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Bantleon, warum es erst einmal weiter abwärts geht, welchen Fehler die Zentralbank gerade begeht und wann die Zinsen wieder sinken. Ein großer Rundumschlag.

In einem Risk-off-Umfeld werden die Investoren überdies keine anziehenden Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) akzeptieren, sondern Bewertungsabschläge fordern. Wir rechnen deshalb bis in das Frühjahr 2024 hinein mit übergeordnet fallenden Aktienkursen. Das Rückschlagspotenzial sehen wir bei bis zu 30 Prozent. Der Dax dürfte also nochmals in Richtung 11.000 bis 12.000 Punkte abtauchen. Dies gilt umso mehr, als das fundamentale Umfeld bereits seit längerer Zeit für tiefere Aktienkurse spricht (siehe folgende Grafik). Außerdem legen auch zahlreiche technische Indikatoren und Sentimentbarometer inzwischen eine Übertreibung nahe.

Aktienmärkte entkoppeln sich von der Realwirtschaft (Quellen: Bloomberg, Destatis, Bantleon)
Aktienmärkte entkoppeln sich von der Realwirtschaft (Quellen: Bloomberg, Destatis, Bantleon)

Unterdessen sind die Notenbanken im Leitzinserhöhungszyklus weit vorangeschritten. Die EZB weist zwar darauf hin, dass die Reise noch nicht zu Ende und weitere ein, zwei oder sogar drei Leitzinsanhebungen um jeweils 25 Basispunkte erforderlich seien. Wie bereits angemerkt, unterschätzen die Notenbanker jedoch mittlerweile stark die Wachstumsrisiken, während sie die Inflationsgefahren überschätzen.

EZB könnte Geldpolitik wieder lockern

Wir gehen daher davon aus, dass die derzeit an den Geldterminmärkten eingepreisten Leitzinsniveaus zu hoch angesetzt sind und in den kommenden Monaten Auspreisungen stattfinden werden. Mehr noch, die EZB dürfte in Anbetracht zunehmender Rezessionsgefahren Ende 2023/Anfang 2024 wieder einen Teil der geldpolitischen Straffung kassieren und das Leitzinsniveau nach Erreichen des Hochpunkts von 3,75 Prozent im Juli 2023 auf 3,00 Prozent zurücknehmen. Die meisten Investoren erwarten hingegen für Anfang 2024 ein Niveau von knapp 4,00 Prozent.

Entsprechend dürften die Renditen von Staatsanleihen in den nächsten Monaten fallen. Am langen Ende sehen wir ein Potenzial von 100 Basispunkten: zehnjährige deutsche Bundesanleihen sollten im Frühjahr 2024 wieder klar unter 2,00 Prozent liegen. Im Zuge aufkommender Zinssenkungsspekulation erwarten wir überdies eine Versteilerung der Zinskurve.

Höherwertige Anlagen hui, Risiko-Anlagen pfui

Und wie sieht es für die übrigen Anlageklassen aus? Neben Aktien werden auch andere Risiko-Anlagen (unter anderem Hochzinsanleihen) sowie inflationsgeschützte Staatsanleihen und Rohstoffpreise in dem skizzierten Szenario heftigem Gegenwind ausgesetzt sein. Covered Bonds und Unternehmensanleihen mit hohen Ratings (Investment-Grade) dürften sich dagegen wacker schlagen. In diesen Bereichen gehen wir lediglich von einer moderaten Ausweitung der Risikoaufschläge gegenüber Staatsanleihen aus.

Fazit: Das makroökonomische Umfeld spricht nach wie vor eindeutig für eine scharfe konjunkturelle Abkühlung. Die Eurozone sollte entsprechend noch tiefer in die Rezession abtauchen. Damit sind zugleich die optimistischen Gewinnschätzungen an den Aktienmärkten nicht haltbar. Heftige Kursrücksetzer sind mithin überfällig. Gleichzeitig werden die Notenbanken nicht umhinkommen, eine 180-Grad-Wende einzuleiten, womit sie den Boden für namhafte Renditerückgänge bei Staatsanleihen bereiten.

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