- Von Karen Schmidt
- 25.06.2020 um 14:18
Pfefferminzia: Zum Teil soll der Anteil Wirecards in gängigen Fonds in Fondspolicen recht hoch gewesen sein, um die 10 Prozent. Käme es zu einem Totalausfall für Wirecard-Aktionäre – inwiefern würde sich das auf Fondspolicen-Sparer auswirken?
Michael Hauer: ich will nicht ausschließen, dass ein Fondsmanager eventuell Wirecard übergewichtet hat. Einen Wert stark überzugewichten ist sehr spekulativ – dafür wird sich der Fondsmanager zu verantworten haben. Dies unterstreicht meine Empfehlung, dass man nicht auf einen einzelnen Fonds setzen sollte – auch hier gilt das Motto Diversifizierung oder man nimmt im Rahmen von Fondspolicen eine gemanagte Strategie oder einen Fonds mit sehr großer Streuung.
Warum 34f-Vermittler vom Wirecard-Beben profitieren könnten
So viel Rendite schafften Indexpolicen
Stehen Versicherer oder Vermittler Ihrer Ansicht nach in irgendeiner Art und Weise in der Pflicht, Kunden über ein mögliches hohes Wirecard-Exposure in einzelnen Fonds aufzuklären, und gegebenenfalls zu einem Fondswechsel zu raten?
Nein, denn das würde heißen, dass die Vermittler mehr Einblick bei Wirecard hätten haben müssen als zum Beispiel die Bafin oder auch die Fondsmanager – das kann man von einem Vermittler nicht erwarten. Ich würde den Vermittlern aber empfehlen, dass sie im Rahmen von Fondspolicen entweder gemanagte Strategien nehmen, die in der Regel aus mehreren Fonds bestehen, oder mehrere Fonds, die breit streuen, dann kann so etwas nicht passieren.
Sind auch Dax-ETFs von dem Wirecard-Beben betroffen?
Jein. Die Dax-Indexfonds sind immer betroffen, wenn ein Wert beachtlich ins Minus rutscht. Wird der Kursverfall einer Aktie nicht durch Steigerungen bei anderen Dax-Aktien aufgefangen, dann kann es zu einem – beachtlichen – Minus des gesamten Dax kommen. In der Woche des Wirecard-Desasters – die Wirecard-Aktie verlor vom 15. bis 19. Juni ganze 72 Prozent – war es aber so, dass der Dax sogar um 5 Prozent stieg. Das war auf die Steigerungen einiger Aktien wie SAP (plus 7,1 Prozent), Bayer (plus 6,4 Prozent) und Deutsche Börse (plus 6 Prozent) zurückzuführen, die ein deutlich höheres Gewicht im Index haben. SAP zum Beispiel hatte ein rund neunmal höheres Gewicht als Wirecard und beeinflusst den Kurs des Dax entsprechend deutlich stärker.
Glauben Sie, dass die Wirecard-Affäre insgesamt ein Rücksetzer für die Aktienkultur in Deutschland sein wird?
Zum einen muss man ganz klar sagen, dass der Vorgang ein Desaster sowohl für die Bafin als auch für die tätige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft darstellt – so etwas darf nicht passieren! Zum anderen ist es aber auch so, dass man bei einer Anlage in Aktien gewisse Spielregeln befolgen muss, wenn man es als seriöse Anlage betrachtet. Das sind: lange Laufzeit, Diversifizierung und Verteilung der Investition über einen gewissen Zeitraum – also nicht alles auf einmal investieren. Alles andere ist Spekulation.
Übrigens haben auch die „Schnäppchenjäger“, die glauben, dass eine Aktie, die um 70 Prozent gefallen ist, wieder steigen muss, jetzt wieder gelernt, dass die alte Börsenregel „Greife nie in ein fallendes Messer“ auch im digitalen Zeitalter noch gilt! Denn Wirecard hat inzwischen Insolvenz angemeldet. Dann wird der Wert des „Schnäppchens“ gegen Null tendieren.
Beachtet man aber die oben aufgestellten Regeln des seriösen Investierens, hat man meist kein Problem, da etwa durch die Diversifizierung das Risiko verteilt wird. Wie bei Ihrer vorherigen Frage bereits gesagt, hat der Dax im gleichen Zeitraum sogar gewonnen. Hätte man also diversifiziert und einen Dax-Indexfonds gekauft, dann hätten man nicht das Problem, das Einzelaktien mit sich bringen.
0 Kommentare
- anmelden
- registrieren
kommentieren