- Von Andreas Harms
- 28.02.2023 um 15:53
Ich muss zugeben: Nur selten bis nie zuvor habe ich so sehr gehofft, dass eine Meldung in den Medien eine Ente ist. Da berichtet das Portal „Table Media“, dass Finanzminister Christian Lindner mit dem Gedanken spielt, die von ihm geplante Aktienrente mit Aktien der Deutschen Post aus dem Bestand der KfW zu bestücken.
Immerhin decken sich die Werte auffallend gut. Der KfW-Bestand von 253,9 Millionen Post-Aktien ist heute 10,2 Milliarden Euro wert (Stand: 28. Februar 2023, 14 Uhr). Und auch die inzwischen in das viel sozialer klingende Generationenkapital umgetaufte Aktienrente (Vielleicht merken ja die Grünen und die SPD den Trick nicht) soll mit 10 Milliarden Euro Inhalt starten.
Vordrängeln is‘ nich‘
Bei der Aktienrente klemmt es noch gewaltig
Bei „Table Media“ arbeiten erfahrene Kollegen, die zweifellos gut vernetzt sind. Und bei dieser Meldung beziehen sie sich auf Kontakte in Berlin. Genau das macht die Sache so merkwürdig: Was wäre, wenn Lindner tatsächlich so eine Schnapsidee hat? Das Bundesfinanzministerium streitet das zwar ab, aber was sind solche Aussagen schon wert?
Denn so eine Maßnahme wäre ungefähr so zielführend wie eine Flaschenpost. Denn was soll das Generationenkapital eigentlich sein: Ein sauber aufgebautes, breit gestreutes und möglichst professionell betreutes Aktienvermögen. Ungefähr so, wie sich ein normaler Aktienanleger ein Aktienvermögen vorstellt. Viele denken sicherlich sofort und durchaus zu Recht an ETFs. Aber auch umsichtiges, ruhiges und an Fundamentaldaten ausgerichtetes aktives Management wäre denkbar.
In den seligen Neunzigern waren mindestens 20 unterschiedliche Aktien nötig, um das Einzelwertrisiko abzuschalten. So haben wir das noch im Studium gelernt. Bei den heutigen gleichgeschalteten Märkten dürften es ein paar mehr sein. Woran man somit als informierter Aktienanleger jedoch als aller, aller Letztes denkt, ist: ein Depot voll Deutscher Post. Damit würde Lindner jedem Zweifler noch mal so richtig die Flanke öffnen. Nach dem Motto: „Hab ich’s doch gesagt, der kann’s einfach nicht.“
Wenn er also den Stunt ohne anschließende Komplettblöße durchziehen will, muss er das Post-Depot umgehend umbauen (lassen). Dann muss sein Fondsmanager also für vielleicht 9,5 Milliarden Euro Aktien über den Markt verkaufen. Das ist fast ein Fünftel des gesamten Börsenwerts der Post. Das würde den Aktienkurs ins Börsenparkett rammen.
Alternativ könnte er die Aktien öffentlich anbieten, wie es der Bund schon beim ersten Börsengang der Post beziehungsweise dreimal bei der Deutschen Telekom tat. Mir fehlt gerade die Fantasie, wie das aus einem Altersvorsorgevermögen heraus gelingen soll. Etwas einfacher wäre es dagegen, wenn der Bund die Post-Aktien öffentlich über einen Börsengang oder privat an Investoren verhökert – und den Erlös danach ins Generationenkapital schiebt. Aber das ist ja nicht das, was gestern durch die Medien ging.
Insofern bleiben bei mir reine Ratlosigkeit und die Hoffnung, dass am Ende alles nur ein Missverständnis ist.
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